„Ich bin sehr erfreut über diese historische Einigung“, erklärte Mariann Fischer Boel, das für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zuständige Kommissionsmitglied. „Ich beglückwünsche die Minister zu ihrer mutigen Entscheidung, einen Sektor zu reformieren, zu dessen Reform in der Vergangenheit niemand imstande oder bereit war. Es war nicht einfach, doch der gesunde Menschenverstand hat sich schließlich durchgesetzt. Mit dieser Einigung wird dafür Sorge getragen, dass der Zuckersektor der EU eine tragfähige Zukunftsperspektive erhält und sich im Wettbewerb behaupten kann. Wenn wir jetzt handeln, stehen uns die Finanzmittel zur Verfügung, um diese schmerzhafte, doch absolut unerlässliche Umstrukturierung zu erleichtern und den Landwirten einen Ausgleich zu gewähren. Diese Einigung bietet dem Sektor Gewissheit über die langfristigen Bedingungen. Und für die öffentlichen Finanzen ensteht dadurch keinerlei zusätzliche Belastung.
Auch für unsere Außenbeziehungen ist dies ein sehr wichtiger Schritt. Unsere neue Politik ist handelsfreundlich und wird damit unsere Position auf der WTO-Ministertagung nächsten Monat in Hongkong stärken. Die Landwirte werden eine Direktzahlung erhalten, die weitgehend von der Produktion entkoppelt ist. Ab 2009 wird den ärmsten Ländern der Welt der Zugang zu unserem Markt völlig offenstehen. Die EU wird für die Entwicklungsländer ein attraktiver Absatzmarkt bleiben, und wir werden unseren AKP-Partnern finanziell helfen, sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen. Außerdem können wir dank dieser Einigung der kürzlich ergangenen Entscheidung des WTO-Berufungsgremiums rasch nachkommen.”
Der Zuckersektor wird nunmehr mit den GAP-Reformen von 2003 und 2004 in Übereinstimmung gebracht. Die Reform der Zuckermarktordnung trägt der Einkommenssicherung für die Landwirte, den Verbraucherinteressen und der Lage der Verarbeitungsindustrie angemessen Rechnung. Sie wird die Wettbewerbsfähigkeit der Zuckerindustrie in der EU erhöhen, ihre Marktorientierung verbessern und für ein nachhaltiges Marktgleichgewicht entsprechend den von der EU eingegangenen internationalen Verpflichtungen sorgen.
Die europäischen Erzeuger erhalten nun langfristige Sicherheit über die für sie geltenden Marktordnungsregeln. Mit der Reform wird der wirtschaftliche und rechtliche Rahmen für den europäischen Zuckersektor bis zum Wirtschaftsjahr 2014/2015 festgelegt, ohne dass eine Überprüfungsklausel vorgesehen ist. Die Preissenkung um 36 % ist für einen Zeitraum von vier Jahren mit einem großzügigen Umstrukturierungsfonds gekoppelt. Mit diesem Fonds werden im Wesentlichen drei Ziele verfolgt: Erstens sollen wettbewerbsschwächere Erzeuger Anreize erhalten, aus dem Zuckersektor auszuscheiden; zweitens sollen Gelder bereit gestellt werden, um die sozialen und ökologischen Folgen von Fabrikschließungen zu bewältigen (Finanzierung von Sozialplänen und Neubeschäftungsprogrammen sowie von Maßnahmen zur Umweltsanierung des Fabrikgeländes); drittens schließlich sollen Mittel bereit gestellt werden, um in den am stärksten betroffenen Regionen in Abstimmung mit den Interventionen der Strukturfonds und des Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums neue Wirtschaftstätigkeiten entstehen zu lassen.
Europa bleibt für die Entwicklungsländer weiterhin ein attraktiver Markt, auf dem sie ihren Zucker absetzen können. Für die Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifiks mit traditionellen Zuckerexporten nach der EU schlägt die Kommission außerdem ein Unterstützungsprogramm vor, das sich zunächst im Jahr 2006 auf 40 Mio. EUR belaufen wird. Für den Zeitraum 2007-2013 sind weitere langfristige Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen, deren genauere Gestalt von den Ergebnissen der Beratungen über die Finanzielle Vorausschau abhängt.
Einzelpunkte der Einigung:
Zur Sicherung eines nachhaltigen Marktgleichgewichts wird der Preis ab 2006/7 binnen vier Jahren um 36 % gesenkt, und zwar im ersten Jahr um 20 %, im zweiten um 27,5 %, im dritten um 35 % und im vierten schließlich um 36 %.
Die Landwirte erhalten eine Ausgleichszahlung in Höhe von durchschnittlich 64,2 %, berechnet auf der Grundlage der endgültigen 36-prozentigen Preissenkung. Diese Beihilfe wird in die Betriebsprämienregelung einbezogen und ist an die Einhaltung bestimmter Standards für Umweltschutz und Bodenbewirtschaftung gebunden.
In den Ländern, die mindestens 50 % ihrer Quote aufgeben, kann maximal fünf Jahre lang zusätzlich eine produktionsgekoppelte Beihilfezahlung in Höhe von 30 % der Einkommenseinbußen gewährt werden, ferner eine begrenzte einzelstaatliche Stützung.
Die neue Zuckermarktordnung, einschließlich der Verlängerung des Quotensystems, gilt bis zum Wirtschaftsjahr 2014/15. Es ist keine Überprüfungsklausel vorgesehen.
Die bisherigen A- und B-Quoten werden zu einer einzigen Produktionsquote zusammengefasst.
Das Interventionssystem wird über einen Zeitraum von vier Jahre hin schrittweise abgeschafft, und der Interventionspreis wird durch einen Referenzpreis ersetzt.
Als Sicherheitsnetz für den Fall, dass der Marktpreis unter den Referenzpreis fällt, wird eine private Lagerhaltung eingeführt.
Im Rahmen einer freiwilligen Umstrukturierungsregelung mit vierjähriger Laufzeit können die Zuckerfabriken sowie die Isoglucose- und Inulinsiruperzeuger in der EU eine Beihilfezahlung erhalten; damit soll ein Anreiz für Fabrikschließungen und Quotenverzicht geschaffen und bei der Bewältigung der sozialen und ökologischen Folgen der Umstrukturierung geholfen werden.
Diese Zahlung beträgt im ersten und zweiten Jahr 730 EUR je Tonne; sie wird im dritten Jahr auf 625 EUR und im letzten Jahr auf 520 EUR herabgesetzt.
Ein Teil der einschlägigen Mittel kann zur Unterstützung von Zuckerrübenanbauern verwendet werden, wenn die Zuckerfabrik, die sie beliefert haben, geschlossen wurde.
Zusätzlich stehen Mitgliedstaaten, in denen die Quote um eine bestimmte Mindesthöhe gesenkt wird, Mittel aus einem Diversifizierungsfonds zur Verfügung, und zwar in um so größerem Umfang, je stärker die Quote gesenkt wird.
Zur Finanzierung der beiden vorgenannten Zahlungen wird von den Quoteninhabern drei Jahre lang eine Abgabe erhoben.
Beim Anbau von Zuckerrüben als Non-Food-Kultur sollten sowohl Stilllegungsprämien für die Flächen als auch die Energiepflanzenbeihilfe in Höhe von 45 EUR/ha gezahlt werden können.
Zur Aufrechterhaltung eines gewissen Erzeugungsumfangs in den Mitgliedstaaten, die zurzeit C-Zucker erzeugen, wird dort gegen Entrichtung einer einmaligen Abgabe eine zusätzliche Quotenmenge in Höhe von 1,1 Mio. Tonnen zugeteilt. Die genannte Abgabe entspricht je Tonne dem Satz der Umstrukturierungsbeihilfe im ersten Jahr.
Zucker für die Chemie- und die Pharmaindustrie sowie für die Produktion von Bioethanol fällt nicht unter das Quotensystem.
Die Isoglucosequote wird für die bestehenden Erzeugerbetriebe um 300 000 Tonnen angehoben, wobei diese Aufstockung über drei Jahre mit einer jährlichen Anhebung um 100 000 Tonnen eingeführt wird.
Zu einem Preis in Höhe der Umstrukturierungsbeihilfe kann in Italien (60 000 Tonnen), Schweden (35 000 t) und Litauen (8 000 t) eine zusätzliche Isoglocose-Quote erworben werden.
http://europa.eu.int/comm/agriculture/capreform/sugar/index_en.htm
http://europa.eu.int/comm/mediatheque/photo/barroso/index_en.cfm?id=7187