Der 13. Januar 2000 ist ein historisches Datum. An jenem Tag erklärte Bill Gates seinen Angestellten in einer Email (mit höchster Prioritätsstufe), dass er die Absicht hege, „die Art und Weise zu ändern, wie die Leute arbeiten, kommunizieren und sich unterhalten“. Gleichzeitig beendete er damit ein Vierteljahrhundert seiner Präsidentschaft von Microsoft und gab sich fortan mit dem bescheidenen Titel des eigens von ihm geschaffenen „Chief Software Architect“ zufrieden, um eben jenes Ziel zu erreichen. Bill Gates, der Meister der 4 Computer von 5, mit dessen Software, und zwar Dank seiner „Betriebssysteme“, täglich Milliarden von Texten und Finanztabellen geschrieben werden, entschloss sich, von seinem Podest herabzusteigen, um noch besser auf die mutmaßlichen Bedürfnisse „der Leute“ zu antworten. Man muss allerdings dazu sagen, dass er damit nicht ganz von vorn anfangen musste, da er ja angeblich schon erfolgreich „einen Computer in jedem Büro und in jedem Haushalt installiert hat". Das ist eine etwas übertriebene Annahme, da Bill Gates niemals Computer konstruiert hat, aber wen kümmert das schon? Hat die Software von Microsoft, für ihre Ineffizienz und ihre Programmierfehler bekannt, etwa nicht den wichtigsten kommerziellen und finanziellen Erfolg des letzten Vierteljahrhunderts feiern können? Der wahre Maßstab steht damit fest, was einzig und allein zählt: Erfolg, Popularität, massenhafter Absatz der Produkte. Die Stimme der Kritiker dieser Produkte hat tatsächlich nur geringes Gewicht angesichts der Stimme des Meisters, der die Schönheit dieser Geste unterstreicht, so viele Haushalte ausgestattet zu haben, die immer noch in der Steinzeit gelebt haben.
Wodurch wird deutlich, dass nicht mehr der Widerhall der Massaker (die Philip von Mazedonien, Vater von Alexander dem Großen, vorauseilten) nötig ist, um die griechischen Polis zu beunruhigen und um sich als Meister der Welt aufzuspielen? Dafür genügt der Diskurs des Beweises und der süßen Klänge der universellen Befriedigung. Dies beweist einmal mehr die Richtigkeit der Bemerkung des Weisen Simonides an den Tyrannen Hieron: "Derjenige zu sein, der die Polis am blühendsten macht (…), das wird für dich bedeuten, sei dir dessen bewusst, den Sieg im schönsten und bedeutendsten Diskurs der Welt davon zu tragen. Zuerst wirst du von deinen Untertanen verehrt werden, was genau das Objekt deiner Begierden ist; dann wird nicht nur ein Herold deinen Sieg verkünden, sondern alle Menschen werden deine Tugend feiern (…)" (1) Gewiss hat Bill Gates die Lektion von Xenophon verstanden und angewendet.
„Die Art und Weise zu ändern, wie die Leute arbeiten, kommunizieren und sich unterhalten“ - das ist ein in keinster Weise ungefährliches Projekt, eher ein weltumfassender Ehrgeiz, der durch jede Maßnahme gestärkt wird und der den Enthusiasmus der Massen anstachelt, angefangen bei der guten Milliarde Menschen ohne Zugang zu Elektrizität. Ein Ehrgeiz, der die Maske der lächelnden Güte herunterreißt, um die Grimasse der gewöhnlichen Tyrannei zu entblößen, und der einen George Orwell gewiss nicht gleichgültig gelassen hätte.
Denn auch die Geschicktesten verraten sich eines Tages, und Bill Gates macht davon keine Ausnahme. Er machte sich wirklich die Mühe, noch am gleichen Tag der Ankündigung seines Rücktritts von der Präsidentschaft, seinen Angestellten mittels einer weiteren Email deutlich zu machen: „Falls einige unter Ihnen glauben sollten, diese Entscheidung bedeute, dass ich weniger Zeit für Microsoft aufbringen werde, dann könnten Sie nicht weiter von der Wirklichkeit entfernt liegen.“ Eine kaum verhüllte Bedrohung: - Glauben Sie in keinster Weise, dass ich mich zurückziehen und nicht mehr jeden von Ihnen und Ihre Leistungen strengstens überwachen werde. In Wahrheit darf dieser Rückzug aus der vordersten Reihe des Managements nicht als Machtverlust des Betreffenden interpretiert werden, sondern im Gegenteil als Zeichen einer wachsenden Macht.
Hier zeichnen sich die Grenzen der „Güte“ des Bill Gates ab, dieses weisen Mannes voller Spiritualität, der sich mit gemachtem Vermögen nun zum Nutzen der Menschheit in sein Labor zurückzieht. Denn in dieser Person wird sich vielmehr jemand entpuppen, der, einen gewissen ersten Plan aufgebend, sich in eine Position bringt, von der aus er seine Gefolgsleute, seine Feinde und den „Rest der Welt“ besser kontrollieren kann. Der angekündigte Rückzug ist in der Tat nur das Omen noch ausgeklügelterer, noch ausgedehnterer Eroberungen.
Die Herrschaft unter ihrer brutalen und äußerlichen Form ist nicht mehr zeitgemäß für die neuen Meister – einfach, normal, sympathisch, in Pullover und Turnschuhen. Sie gibt ihre gewöhnliche Erscheinung für eine bessere, dematerialisierte Form auf: die Herrschaft, die man nicht mehr sieht und nicht mehr hört. Das Wichtige, wie für Hieron, besteht darin, geliebt zu werden, die äußere Gewalt der Tyrannei vergessen zu machen, um sie besser zu verbreiten. Denn „die Art und Weise zu ändern, wie die Leute arbeiten, kommunizieren und sich unterhalten“, schon allein die Idee für dieses Projekt zu haben, weiterhin den Ehrgeiz zu ihrer Verwirklichung, nachdem man sich schon erfolgreich in jedem Haushalt, jedem Büro eingenistet hat... – ist das nicht die Suche nach der äußersten Herrschaft? Was ist folglich dieses Projekt, das dem Appetit der großen militärischen Eroberer in nichts nachsteht? Wohin also führt es? Hin zur Herrschaft ohne Namen und ohne Gesicht? Hin zur banalisierten Herrschaft? Hin zur Herrschaft und Kontrolle des Verstandes?
Gewiss, das kann man sagen, ist viel Wasser seit dem 13. Januar 2000 durch die Mühlen von Microsoft gelaufen, und diese Firma hat Niederlagen bis zu dem Punkt einstecken müssen, wo ihre Zukunft schon in Frage gestellt wurde. Aber lassen wir uns nicht täuschen, selbst wenn Bill Gates es auch nicht selbst verwirklichen kann, so wird doch sein Projekt einer Reformattierung – im Jargon der Informatik – der Art, wie die Menschen kommunizieren und sich austauschen, von anderen aufgegriffen werden, die es noch weiter tragen und letztendlich erfüllen.
(1) Übersetzung von Hieron, Xenophon, im französischen Text von Pierleoni und Luccioni.