Im Rahmen der laufenden Verhandlungen über die Doha-Entwicklungsagenda haben eine Reihe von afrikanischen Ländern die WTO gebeten, Maßnahmen gegen den Tiefstand der Weltmarktpreise für Baumwolle zu treffen. Als Reaktion darauf schlägt die Europäische Kommission eine konstruktive Lösung im Zusammenhang mit den Handelsaspekten vor, die mit den niedrigen Preisen für Baumwolle auf dem Weltmarkt in Zusammenhang stehen.
Die Lösung wäre Teil der Gesamtverhandlungen über die Öffnung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen in den drei Diskussionsbereichen:
- Marktzugang: die Europäischen Kommission hat bereits vorgeschlagen, dass alle entwickelten Länder den ärmsten Ländern der Welt zoll- und quotenfreien Zugang zu ihren Märkten gewähren. Die Abschaffung der Zölle und mengenmäßigen Beschränkungen wird die Märkte der reichen Länder für Erzeugnisse aus den ärmsten Ländern der Welt öffnen;
- Ausfuhrunterstützung: die EU hat vorgeschlagen, alle Formen von Ausfuhrunterstützung für die Erzeugnisse abzuschaffen, die für Entwicklungsländer von Interesse sind. Dieser Vorschlag ist Teil des am 13. August 2003 verabschiedeten EU-US Kompromisstextes über die Landwirtschaft. Baumwolle wäre natürlich eines der wichtigsten Erzeugnisse auf einer solchen Erzeugnisliste;
- Interne Stützung: die EU hat sich verpflichtet, alle Formen der handelsverzerrenden internen Beihilfen um ein Beträchtliches zu reduzieren. Baumwolle macht Teil der Landwirtschaftsverhandlungen aus und wird gemäß den Modalitäten zur Kürzung der am stärksten handelsverzerrenden Stützungsformen ("amber box") behandelt.
Im Rahmen der laufenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU wird die Kommission vorschlagen, dass die EU die Baumwollbeihilfe von der Erzeugung abkoppelt, so dass im Rahmen der "amber box" keine EU-Beihilfen für Baumwolle gezahlt werden.
Hintergrund
Der rezente Verfall der Baumwollpreise hatte ernste Konsequenzen für mehrere Länder West- und Zentralafrikas, in denen Baumwolle die Haupteinnahmequelle für schätzungsweise 10 Millionen Menschen darstellt. In einigen der am wenigsten entwickelten Länder ist Baumwolle die wichtigste Handelspflanze und die bedeutendste Quelle für Ausfuhreinnahmen und Regierungseinkünfte. So stand Baumwolle beispielsweise im Zeitraum 1999-2000 für 79% der Ausfuhren Malis, 65% der Ausfuhren Benins und 56% der Ausfuhren des Tschad.
Um das Gesamtproblem zu erfassen ist darauf hinzuweisen, dass der Weltmarktpreis für Baumwolle von unterschiedlichen Faktoren abhängt:
- dem Umfang von Erzeugung und Verbrauch weltweit;
- dem Preis von Synthetikfasern;
- der Höhe der erzeugungsgebundenen Beihilfen in den Hauptausfuhrländern für Baumwolle;
- dem Umfang der Handelsschranken.
Obwohl alle genannten Faktoren eine Rolle spielen, war der beträchtliche Rückgang der Baumwollpreise über die letzten Jahre hauptsächlich bedingt durch die rückläufige Nachfrage. Der Anteil von Baumwolle am weltweiten Verbrauch von Fasern geht seit den 60er Jahren ständig zurück und beträgt heute nur noch etwas mehr als 40% (gegenüber 65% in 60er Jahren).
Weitere Reduzierungen der handelsverzerrenden Beihilfen in der Doha-Entwicklungsagenda würden zweifellos zu einer Verbesserung der Weltmarktpreise sowohl für Baumwolle als auch für andere Waren beitragen. Diese wünschenswerte Entwicklung sollte jedoch nicht zu vereinfachten Schlussfolgerungen führen, die die Aufmerksamkeit von der Wurzel des Problems ablenken.