Ref. :  000008213
Date :  2003-09-15
langue :  Allemand
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Cancún - 5. Ministerkonferenz der WTO (Mexiko) : Herausforderungen und Ziele

Source :  GERM



1. Die Welthandelsorganisation (WTO) - Kurzbeschreibung :


Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1947, beschlossen 25 Länder in Genf ein Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT). Ziel dieses Abkommens war es, einen Rahmen zu schaffen welcher die Verhandlungen zur Förderung des Güterhandels zwischen den verschiedenen Ländern vorwärts bewegen sollte (im Prinzip durch eine Senkung der Zollbarrieren). Verschiedene Verhandlungsrunden (Rounds), in denen progressiv eine immer größere Anzahl von Ländern integriert wurde, folgten daraufhin im Rahmen des GATT (1).

Von 1986 bis 1994 findet die Uruguayrunde statt, die achte Verhandlungsrunde innerhalb des GATT, die zum Abkommen von Marrakesch sowie am 1. Januar zur Gründung der WTO führt. Diese Instanz mit ihrer Basis in Genf wird daraufhin der Verhandlungsort, jedoch nicht nur in bezug auf den Industriesektor, sondern auch auf die Sektoren Landwirtschaft, Dienstleistungen, geistiges Eigentumsrecht und andere Fachgebiete, die bis dahin innerhalb abgetrennter Abkommen ausgehandelt wurden oder ganz einfach von der Marktdomäne ausgeschlossen waren.


2. Die Herausforderungen der 5. Ministerkonferenz in Cancún



Die Agenda der Diskussionen, die in Cancún stattfinden werden, ist in zwei Abschnitte unterteilt: die "Built-in"-Agenda (die Themen, die bereits bei den Abkommen der Uruguayrunde zur Debatte standen) und die erweiterte Agenda (die neuen Themen, oder die „Themen von Singapur").


a. Die "Built-in"-Agenda :

i) Landwirtschaft:

Die Liberalisierung des Handels auf diesem Sektor stellt ein Streitthema zwischen verschiedenen Ländern dar und hängt hauptsächlich vom Fortschreiten der Verhandlungen der drei umstrittenen Dossiers ab:


Streichung der internen Unterstützung der Landwirte;
Streichung der Exportzuschüsse;
„Der Marktzugang" (Streichung der Zollrechte beim Eintritt ins Land).

Bezüglich der internen Unterstützungen greifen die USA und die Europäische Union (EU) ihren Landwirten traditionellerweise kräftig unter die Arme, sie verpflichten sich die Produktionszuschüsse auf 50 bis 60% zu reduzieren. Die Länder der Cairns-Gruppe, Verfechter einer Auslöschung aller Staatshilfen, sind glücklich darüber, schätzen jedoch, dass dies nicht ausreichend ist (2).
Bestimmte, durch die USA und die EU zugegebenen, Exportzuschüsse sollten auch gestrichen werden, jedoch nicht alle - die EU hing besonders in bezug auf einige Produkte daran (dieser zweite Punkt ist der strittigste zwischen der EU und den USA; Letztgenannte waren Verfechter einer totalen Streichung der Exportzuschüsse, auf Wunsch der Cairns-Gruppe).

Die USA und die EU sehen schließlich eine teilweise Streichung der Zölle vor, sofern diese Regel auch in allen anderen Mitgliedsländern angewandt wird. Dieser letzte Punkt wird von den kleinen Entwicklungsländern am heftigsten angefochten. Sie klagen die EU, die USA, Japan, aber auch die Länder der Cairns-Gruppe an, die Abschaffung der Handelszölle zu privilegieren, um in die Märkte der „südlichen Länder" eindringen zu können, obwohl sie deutlich ängstlicher waren, als es um die ersten beiden umstrittenen Punkte ging: Die internen- und die Exportunterstützungen. Diese Unterstützungen haben zur Folge, dass Produkte zu niedrigen Preisen v.a. gegenüber denen der armen Länder auf den Weltmarkt gebracht werden, so dass diese nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Und mit einer Senkung der Zolltarife können sich die kleinen Entwicklungsländer überhaupt nicht mehr davor schützen.


ii) Marktzugang der nicht-landwirtschaftlichen Güter

Der Handel der nicht-landwirtschaftlichen Güter (industrielle und künstlerische) stellt 90% des Welthandels dar (3). Ziel der Verhandlung ist es, die Zollstruktur zu reduzieren und zu harmonisieren sowie die Barrieren ohne Zölle (seien sie legal, reglementär, technisch), die wiederum den Handelsfluss dieser Güter behindern, zu reduzieren.
Bezüglich ihrer Forderungen bekamen die Entwicklungsländer im Moment nur das Versprechen, Zugang zu den Märkten im Norden zu erhalten, besonders für den Textilsektor. Jedoch bleiben die Zollbarrieren auch dort sehr hochangesetzt.


iii) Die Dienstleistungen

Das allgemeine Abkommen über Handel mit Dienstleistungen (GATS) setzt sich zum Ziel die Liberalisierung des Welthandels auf dem Dienstleistungssektor auszubreiten ; es deckt 160 private wie öffentliche Sektoren ab - wie zum Beispiel Gesundheit, Erziehung oder die Wasserverwaltung.
Nichts desto weniger wurde unter dem Druck mehrerer europäischer Länder der Kultursektor sowie der audiovisuelle Sektor von den Verhandlungen 1994 im Namen der „kulturellen Ausnahme", was bedeutet, dass diese Domäne nicht als einfache Ware betrachtet werden kann, ausgeschlossen.
Man wirft dem GATS häufig seinen freigewählten lockeren Charakter vor, der in der Praxis in allen Sektoren, besonders im Dienstleistungssektor, eine progressive und obligatorische Liberalisierung favorisiert. Außerdem besteht kein Zweifel darin, dass es die „Philosophie" der GATS ist, maximal und unbeschränkt zu liberalisieren (4), obwohl im Prinzip jeder Staat die Freiheit besitzt seine Sektoren - dort wo er zur Liberalisierung verpflichtet ist - zu bestimmen.
Zudem sind es die reichen Länder, die zu den Verhandlungen antreiben und nicht die Entwicklungsländer. So wird der unausgeglichenen Charakter der GATS aufgezeigt - ein Kontrollsystem, dass vor allem von den Ländern im Norden konzipiert wurde, um deren Firmen den Zugang zu den neuen Märkten, besonders im Süden, zu erleichtern.


iv) Handelsbezogene geistige Eigentumsrechte („TRIPS")

Das Abkommen zu den handelsbezogenen geistigen Eigentumsrechten visiert die Ausarbeitung und die Respektierung der Normen an; diese Normen sollen die „Gründer"-Industrien (die Multinationalen aus den Bereichen Medikamente, Biotechnologie, Informatik, etc.) vor Raubkopien schützen. Trotzdem haben diese Verfügungen verheerende Effekte in Hinblick auf Gesundheit und Entwicklung der Völker der Entwicklungsländer zur Folge, da sie die Produktion von Generika zu annehmbaren Preisen für die Völker des Südens verhindern. Auch wenn die Minister der Entwicklungsländer Erfolg damit hatten eine gewisse Gerechtigkeit im Abkommen von Doha zu bekommen - dies erlaubte die Einfuhr von bestimmten Generika in die Entwicklungsländer - lehnten die USA es ab das Abkommen zum Inkrafttreten im Dezember 2002 zu unterzeichnen. Das am 30. August 2003 abgeschlossene Abkommen, welches auf einem von den USA, Brasilien, Indien, Kenia und Südafrika ausgearbeiteten Kompromis basiert, nimmt die amerikanischen Forderungen wieder auf: Das Abkommen unterwirft die Produktion und den Import von Generika durch die Entwicklungsländer einer Verpflichtung des „guten Willens". Diese Medikamente dürfen nicht zu Kommerzzwecken produziert werden (d.h. auf die westlichen Märkte exportiert werden) und dürfen nur mit dem einzigen Ziel verwendet werden - dem Kampf gegen Infekte oder zum Schutz der öffentlichen Gesundheit. Dieses Abkommen, welches neue reglementäre Barrieren verursacht, hat folgenden Effekt: Die Inanspruchnahme der Generika durch die Entwicklungsländer bei gleichzeitigem Profit der großen Pharmakonzerne wird de facto ernsthaft eingegrenzt.


b. Die erweiterte Agenda

Eine der wichtigsten, in Cancún zu treffenden Entscheidungen ist, ob die Verhandlungen über die „Singapur-Themen" eingeleitet werden oder nicht. Innerhalb der insgesamt vier Themen von Singapur war das polemischste jenes Projekt zum Multilateral Investment Agreement (MIA). Dieses Abkommen fasst ins Auge jede Diskriminierung zu Beginn ausländischer Investitionen zu unterbinden und somit jede politische Wahl der Fachgebiete durch die Staaten zu verhindern (5). Die EU und Japan sind für eine schnelle Aufnahme der Verhandlungen. Viele Entwicklungsländer stellen sich deutlich dagegen, da sie in diesem Projekt einen weiteren Schritt in Richtung des Souveränitätsverlustes in bezug auf ihre Entwicklung sehen.



3. Kurze Zusammenfassung und Ausblick



Die Debatten, die im Zuge der Ministerkonferenz der WTO in Cancún stattfinden werden, betreffen Themen von außerordentlicher Bedeutung auf der internationalen Leiter und gehen weit über die eigentliche Marktdomäne hinaus.
Die Entscheidungen, die getroffen werden, berühren auch die politischen Orientierungen der Staaten und somit die Lebensweisen der Völker der ganzen Erde.
Trotzdem muss man sich die Frage stellen, ob die WTO eine wirklich adäquate Instanz darstellt, um über Weltangelegenheiten zu diskutieren - wenn doch ihre Funktionsweise exklusiv von der Logik des Freihandels regiert wird. Prinzipien, die für die Zukunft der Menschheit genauso wichtig sind, wie die der Souveränität (der Ernährung zum Beispiel) oder der Kollektiv- oder Individualrechte werden in dem System der WTO außen vor gelassen. Dennoch heben andere Instanzen diese Prinzipien hervor, besonders diejenigen, die durch verschiedene internationale Abkommen an die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) gebunden sind. Es ist von Bedeutung, dass solche Initiativen breite Unterstützung bekommen, so dass sie tatsächlich Anwendung finden und sich die erhofften Effekte entwickeln können.


Anmerkungen des Autors

(1)Die Mitgliederzahlen waren folgende: 1967: 48; 1973: 102; 2002: 146.
(2)Die Cairns-Gruppe (der Name einer kleinen Stadt im Norden Australiens) wurde aus der Initiative Australiens heraus gebildet und besteht außerdem aus folgenden Mitgliedern: Südafrika, Argentinien, Bolivien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Indonesien, Malaisia, Neuseeland, Paraguay, die Philippinen, Uruguay und Thailand.
(3)1950 waren es folgende Proportionen: zu 50% diese Güter und zu 50% Produkte der Nahrungsmittelindustrie.
(4)Der Text ist in diesem Punkt eindeutig, denn wenn sogar der Artikel XIX §2 präzisiert, dass „der Liberalisierungsprozeß vorschriftsmäßig die Ziele der nationalen Politik und das Entwicklungsniveau der unterschiedlichen Mitglieder respektiere - auf die selbe globale Art und Weise wie in den verschiedenen Sektoren", müsste man über die Tragweite des ersten Paragraphs dieses Artikels keinen Hehl machen. Tatsächlich werden die Verhandlungen, die innerhalb der WTO angeleiert wurden, „infolge regelmäßig stattfinden - immer im Blick progressiv das Niveau der Liberalisierung anzuheben".
(5)Ein eindeutiges Paradoxon. Während die reichen Länder ihre Entwicklung auf speziellen Regeln und Auswahlkriterien hinsichtlich der Investissements seitens der ausländischen Firmen (indem sie diese zum Beispiel dazu zwingen mit den ansässigen Firmen zu kollaborieren) bauen, wollen jetzt genau diese Länder die Auswahlfreiheit der Entwicklungsländer verbieten. Zu lesen: Green, D., „Can-do at Cancun is Actually Can't", The Guardian, 23. Juni 2003.


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