Auf Initiative von Viviane Reding, für Bildung und Kultur zuständiges Mitglied der Europäischen Kommission, hat die Kommission heute einen Vorschlag für ein neues Programm „eLearning" angenommen. Das Programm zielt darauf ab, mit Hilfe der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) die Qualität der allgemeinen und beruflichen Bildung und den Zugang zur Bildung zu verbessern. Die Kommission reagiert mit diesem Programm, für dessen dreijährige Laufzeit ein Budget von 36 Mio. Euro vorgesehen ist, auf Vorgaben des Europäischen Rates: Dieser hatte auf seinen Tagungen von Lissabon, Stockholm und Barcelona gefordert, die neuen IKT besser in die allgemeine und berufliche Bildung zu integrieren, und zwar sowohl aus Gründen des sozialen Zusammenhalts als auch zur Erreichung des strategischen Ziels, Europa bis 2010 zum dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.
„Die digitale Kompetenz, also die Fähigkeit zur Nutzung insbesondere des Internets für das lebenslange Lernen vom Kindesalter an sowohl für berufliche Zwecke als auch für die persönliche Entwicklung , erhält zunehmend die gleiche Bedeutung wie die Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen. Diejenigen unserer Mitbürger, die keine Möglichkeit zum Erwerb digitaler Kompetenz haben, sind stark von sozialer und beruflicher Ausgrenzung bedroht. Um dieser digitalen Kluft entgegenzuwirken und eine bessere Nutzung des Internets in Schulen, Hochschulen und in der Berufsbildung zu erreichen, schlägt die Prodi-Kommission das Programm „eLearning" vor. Es soll die Initiativen ergänzen, die in den letzten Jahren in den Mitgliedstaaten eingeleitet wurden", erläuterte Viviane Reding anlässlich der Annahme des Vorschlags.
Die Entwicklung des eLearning wird bereits durch verschiedene politische Strategien der Gemeinschaft unterstützt: Zu nennen sind hier beispielsweise die Regional- und die Forschungspolitik sowie die Bildungsprogramme SOKRATES und LEONARDO DA VINCI. Das Programm „eLearning" ist dementsprechend auf bestimmte Schwerpunkte ausgerichtet. Zu den vorgesehenen Instrumenten des Programms zählt eine Struktur für die Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen und bewährten Praktiken (eine Art „europäisches eLearning-Portal"). Außerdem wird sich die Europäische Union im Rahmen des Programms an einschlägigen Projekten internationaler Organisationen, beispielsweise der UNESCO und der OECD, beteiligen.
Bekämpfung der digitalen Kluft
Im Rahmen von Forschungs- und Studienprojekten sollen Methoden für die Vermittlung digitaler Kompetenz erarbeitet werden, die sich insbesondere an die Bürger Europas wenden, die Probleme beim Zugang zur klassischen Bildung bzw. Berufsbildung haben. Diese Forschungsarbeiten sollen durch innovative Projekte zur Bekämpfung der digitalen Kluft ergänzt werden. Im Rahmen solcher Projekte können beispielsweise didaktische Tools und Inhalte für Jugendliche (z. B. interaktive Spiele) entwickelt werden, die das Erlernen des Umgangs mit den neuen IKT erleichtern, oder es können für jeden zugängliche virtuelle Dienste geschaffen werden, die die staatsbürgerliche Erziehung oder den Dialog zwischen den Kulturen unterstützen.
Zudem wird das Programm den Austausch bewährter Praktiken sowie Kooperationsprojekte (von Netzen, Verbänden, öffentlichen Einrichtungen, Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor usw.) fördern, die das Bewusstsein dafür wecken, welches Potenzial die Technologien für den Erwerb von Kenntnissen und den Zugang von Randgruppen zur Bildung (z. B. mittels öffentlicher IKT-Zugangszentren) haben.
Virtueller Campus
Der Aktionsbereich „virtueller Campus" des Programms dient dazu, den Einsatz von IKT im Kontext von Kooperationsabkommen zwischen Hochschulen zu fördern. Mögliche Anwendungsbereiche sind beispielsweise die Mobilität von Studenten und Dozenten, die Qualität der Lehre und die gegenseitige Anerkennung von Curricula. Auf diese Weise soll der „Bologna-Prozess" um eine zusätzliche, virtuelle Dimension ergänzt werden.
Die mit dem Programm geförderte virtuelle Mobilität soll die geografische Mobilität im Rahmen von Erasmus bzw. (ab 2004) Erasmus World nur ergänzen, nicht ersetzen. So können Studenten, die ein „reales" Erasmus-Semester im Ausland absolvieren, ihren Auslandsaufenthalt mittels virtueller Mobilität von ihrer Heimatuniversität aus vor- bzw. nachbereiten.
Das Programm eLearning wird den Aufbau einiger virtueller Hochschulplattformen (virtueller Campus) unterstützen, an denen mindestens drei Mitgliedstaaten beteiligt sein müssen. Diese Plattformen sollen die Grundlage für gemeinsame „Online-Studiengänge" bilden, die durch Angebote für die virtuelle Mobilität der Studenten ergänzt werden und deren Curricula „virtuelle" und „reale" Lehrveranstaltungen umfassen. Gefördert wird außerdem die Vernetzung virtueller europäischer Hochschulen und die Entwicklung von Modellen für Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor auf dem Gebiet der Hochschulbildung.
Schulpartnerschaften über das Internet
Dieses Thema war bereits Gegenstand eines Berichts der Kommission (vgl. IP/02/809), in dem unter anderem die folgende Zielsetzung aufgestellt wurde: Jede der 150 000 Sekundarschulen in der Europäischen Union sollte bis 2006 eine virtuelle Schulpartnerschaft mit einer oder mehreren Schulen aus anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern eingehen. Hierdurch soll jeder junge Europäer Gelegenheit erhalten, im Laufe seiner Schulzeit gemeinsam mit Schülern aus anderen Ländern an einem Internet-Kooperationsprojekt zu arbeiten.
Zwar ist es vor allem Aufgabe der Mitgliedstaaten, in den Schulen die notwendigen Voraussetzungen für die Verwirklichung solcher Partnerschaften zu schaffen (angemessene Schulung der Lehrer, Bereitstellung von Mitteln usw.), das Programm eLearning kann jedoch die Verwirklichung der Zielsetzung unterstützen, die von den Staats- und Regierungschefs der 15 Mitgliedstaaten auf der Tagung des Europäischen Rates von Barcelona bekräftigt wurde.
Konkret wird im Zuge des Programms ein Unterstützungsnetz für virtuelle Schulpartnerschaften geschaffen, dem Lehrer mit Erfahrung auf diesem Gebiet angehören. Das Netz soll vor allem beraten und pädagogische Hilfestellung leisten. Daneben wird es sich am Aufbau einer Internet-Plattform für die Kommunikation und den Austausch bewährter Praktiken beteiligen, über die die Schulen ihre Partnerschaften schließen und pflegen können. Außerdem werden im Rahmen des Programms mit den Schulpartnerschaften verbundene öffentlichkeitswirksame Maßnahmen gefördert (Wettbewerbe, Veröffentlichungen usw.).