Entsprechend der Ankündigung von Präsident Juncker in seiner Absichtserklärung in Verbindung mit seiner Rede zur Lage der Union vom 13. September stellt die Europäische Kommission heute eine Orientierungshilfe und Grundsätze für Online-Plattformen vor. Ziel ist, das proaktive Vorgehen bei der Verhinderung, Erkennung und Entfernung illegaler Inhalte, die zu Hass, Gewalt und Terrorismus aufstacheln, zu stärken. Die zunehmende Verfügbarkeit und Verbreitung terroristischer Materialien und Inhalte stellen eine ernste Bedrohung für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der EU dar. Sie untergraben auch ihr Vertrauen in das digitale Umfeld und damit eine wichtige Triebkraft für Innovation, Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen dienen der Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Juni 2017, denen sich auch die Staats- und Regierungschefs der G7 und G20 angeschlossen haben. Die Maßnahmen bilden den ersten Teil des von Präsident Juncker angekündigten Pakets zur Terrorismusbekämpfung. Sie werden zu einer wirkungsvolleren Bekämpfung illegaler Inhalte beitragen und treiben die laufenden Arbeiten zum Aufbau einer echten EU-Sicherheitsunion, die ihren Namen verdient, und eines stärkeren digitalen Binnenmarkts voran.
Der Vizepräsident für den digitalen Binnenmarkt Andrus Ansip sagte: „Hiermit liefert die EU eine solide Antwort auf das Problem der illegalen Online-Inhalte. Wir erleichtern es den Online-Plattformen, ihren Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden und der Zivilgesellschaft nachzukommen. Unsere Orientierungshilfe umfasst Sicherheitsvorkehrungen gegen die überzogene Entfernung von Inhalten („over-removal“) und gewährleistet Transparenz sowie den Schutz der Grundrechte und der Redefreiheit“.
Vera Jourová, Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, erklärte:„Recht und Gesetz gelten online und offline gleichermaßen. Wir können nicht zulassen, dass es in der digitalen Welt wie im Wilden Westen zugeht. Wir müssen handeln. Der Verhaltenskodex, den ich mit Facebook, Twitter, Google und Microsoft vereinbart habe, zeigt, dass ein selbstregulierender Ansatz als gutes Beispiel dienen und zu Ergebnissen führen kann. Wenn jedoch die Tech-Unternehmen nicht die Erwartungen erfüllen, dann werden wir das tun.“
Der für die Sicherheitsunion zuständige Kommissar Julian King fügte hinzu:„Die digitale Welt eröffnet nie da gewesene Möglichkeiten, die jedoch in den falschen Händen eine ernsthafte Bedrohung für unsere Sicherheit darstellen. Internetunternehmen spielen eine zentrale Rolle bei der Beseitigung terroristischer Online-Inhalte, indem sie ihre Bemühungen verstärken und als Unternehmen soziale Verantwortung für das digitale Zeitalter übernehmen.“
Die für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständige Kommissarin, Mariya Gabriel, ergänzte: „Die Kommission hat beschlossen, das Problem der illegalen Online-Inhalte sorgfältig anzugehen. Diese Situation ist nicht weiter tragbar: In mehr als 28 % der Fälle brauchen Online-Plattformen mehr als eine Woche zur Entfernung illegaler Inhalte. Heute haben wir ein klares Signal gesetzt, um die Plattformen stärker in die Verantwortung zu nehmen. Dies ist sowohl für die Bürger als auch die Entwicklung der Plattformen von entscheidender Bedeutung.“
Bei der Flut an illegalen Online-Inhalten, einschließlich terroristischer Online-Propaganda sowie fremdenfeindlicher und rassistischer Botschaften, die zu Hass und Gewalt aufstacheln, spielen Online-Plattformen eine zunehmend wichtige Rolle und müssen mehr soziale Verantwortung übernehmen. Nach der heute veröffentlichten neuen Orientierungshilfe sind Online-Plattformen gefordert, sich stärker dafür einzusetzen, dass die Verbreitung illegaler Inhalte verhindert wird. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Online-Plattformen für den Zugang zu Informationen erwartet die Kommission von ihnen ein rasches Handeln in den kommenden Monaten, insbesondere auf dem Gebiet der Bekämpfung des Terrorismus und der illegalen Hassbotschaften. Diese sind nach EU-Recht bereits sowohl online als auch offline verboten.
Illegale Inhalte proaktiv und wirksam ausmerzen
Als ersten Schritt zur wirksamen Bekämpfung illegaler Online-Inhalte schlägt die Kommission gemeinsame Instrumente zur raschen und proaktiven Erkennung, Entfernung und Verhinderung des erneuten Auftauchens solcher Inhalte vor.
• Erkennung und Meldung: Online-Plattformen sollten enger mit den zuständigen nationalen Behörden zusammenarbeiten und hierzu Kontaktstellen einrichten, sodass sichergestellt ist, dass sie zügig erreicht werden können, wenn illegale Inhalte entfernt werden sollen. Um deren Erkennung zu beschleunigen, wird den Online-Plattformen eine enge Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Hinweisgebern (sogenannten „trusted flaggers“), d. h. spezialisierten Einrichtungen mit besonderen Fachkenntnissen in der Bestimmung illegaler Inhalte, nahe gelegt. Darüber hinaus sollten sie leicht zugängliche Mechanismen, die den Nutzern die Meldung illegaler Inhalte erlauben, einführen und in automatische Erkennungstechnologien investieren.
• Wirksame Entfernung: Illegale Inhalte sollten schnellstmöglich entfernt werden. Dabei unterliegen sie unter Umständen bestimmten Fristen, wenn es um ernste Schäden geht, z. B. in Fällen der Anstiftung zu terroristischen Handlungen. Die Frage fester Fristen wird weiter von der Kommission geprüft. Online-Plattformen sollten ihren Nutzern ihre Politik zu Plattforminhalten genau darlegen und Transparenzberichte mit Einzelheiten zu Anzahl und Art der eingegangenen Meldungen veröffentlichen. Ferner sollten Internet-Unternehmen Sicherheitsvorkehrungen einführen, um die überzogene Entfernung von Inhalten („over-removal“) zu vermeiden.
• Verhinderung des erneuten Auftauchens: Plattformen sollten Maßnahmen ergreifen, die Nutzer davon abhalten, illegale Inhalte wiederholt hochzuladen. Die Kommission fördert nachdrücklich die weitere Nutzung und Entwicklung automatischer Instrumente, mit denen verhindert wird, dass zuvor entfernte Inhalte erneut online auftauchen.
Weiteres Vorgehen
Die heute vorgelegte Mitteilung ist ein erster Schritt, und nachfolgende Initiativen werden von den Maßnahmen der Online-Plattformen zur proaktiven Umsetzung der Orientierungshilfe abhängen. Die Kommission wird die Fortschritte der Online-Plattformen in den nächsten Monaten aufmerksam überwachen und bewerten, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um die rasche und proaktive Erkennung und Entfernung illegaler Online-Inhalte zu gewährleisten, einschließlich eventueller Legislativmaßnahmen zur Ergänzung des bestehenden Rechtsrahmens. Diese Arbeiten werden bis Mai 2018 abgeschlossen sein.
Hintergrund
Die Europäische Union hat auf das Problem der illegalen Online-Inhalte bereits mit verbindlichen und nicht verbindlichen Maßnahmen reagiert. Politische Antworten umfassen die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie, die Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung und die vorgeschlagenen Reformen des Urheberrechts sowie die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, die ebenfalls Teil der Strategie für den digitalen Binnenmarkt ist.
Diese Rechtsvorschriften werden durch eine Reihe nicht legislativer Instrumente ergänzt, die durch die in der heutigen Mitteilung skizzierten Maßnahmen unterstützt werden, z. B. den Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hassrede im Internet, die Arbeiten des EU-Internetforums zur Bekämpfung terroristischer Propaganda und die gemeinsame Absichtserklärung zum Verkauf nachgeahmter Güter über das Internet. Die Europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder ist eine Selbstregulierungsinitiative, die helfen soll, das Online-Umfeld für Kinder und Jugendliche zu verbessern.