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Date :  2016-03-16
langue :  Allemand
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Die neue Kluft zwischen den Generationen


In den Wahlmustern auf beiden Seiten des Atlantiks zeichnet sich derzeit eine interessante Entwicklung ab: Junge Leute wählen auf eine Weise, die sich deutlich von der der Älteren unterscheidet. Es scheint sich eine tiefe Kluft aufgetan zu haben, die weniger auf dem Einkommen, der Bildung oder dem Geschlecht beruht als auf der Generation, der die jeweiligen Wähler angehören.

Für diese Kluft gibt es gute Gründe. Das Leben alter und junger Menschen, so wie es heute gelebt wird, unterscheidet sich. Ihre Vergangenheit ist anders, und auch ihre Zukunftsaussichten.

Der Kalte Krieg etwa war vorbei, bevor viele der heutigen jungen Leute überhaupt geboren waren; andere waren damals noch Kinder. Worte wie Sozialismus haben nicht mehr dieselbe Bedeutung wie einst. Wenn Sozialismus bedeutet, eine Gesellschaft zu schaffen, in der geteilte Anliegen nicht unbeachtet bleiben – wo die Menschen einander und ihre Umwelt wichtig nehmen –, dann sei’s drum. Es mag vor einem Viertel- oder halben Jahrhundert gescheiterte Experimente in dieser Rubrik gegeben haben, doch die heutigen Experimente haben keine Ähnlichkeit mit jenen in der Vergangenheit. Daher besagt das Scheitern dieser vergangenen Experimente nichts über die neuen.

Ältere Angehörige der gehobenen Mittelschicht in Amerika und Europa hatten ein gutes Leben. Als sie ins Arbeitsleben eintraten, warteten gut bezahlte Arbeitsplätze auf sie. Die Frage, die sie sich stellten, lautete, was sie tun wollten, nicht, wie lange sie wohl bei ihren Eltern würden leben müssen, bevor sie eine Arbeit finden, die ihnen ermöglicht, auszuziehen.
Die ältere Generation erwartete, dass sie einen sicheren Arbeitsplatz haben, jung heiraten, ein Haus – und vielleicht noch zusätzlich ein Ferienhaus – kaufen und schließlich mit angemessener Sicherheit in Rente gehen würde. Insgesamt erwartete sie, dass es ihr besser gehen würde als ihren Eltern.

Und obwohl für viele Angehörige der heutigen älteren Generation nicht alles glatt ging, gingen ihre Erwartungen größtenteils in Erfüllung. Sie haben möglicherweise mehr am Wertzuwachs ihrer Eigenheime verdient als durch ihre Arbeit. Sie fanden das mit Sicherheit merkwürdig, aber sie akzeptierten dieses Geschenk unserer Spekulationsmärkte bereitwillig und lobten sich häufig noch selbst dafür, dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort gekauft hatten.

Die heutigen jungen Leute – egal, wo sie innerhalb der Einkommensverteilung stehen – erwarten genau das Gegenteil: unsichere Arbeitsverhältnisse ihr ganzes kommendes Leben lang. Viele Hochschulabsolventen werden monatelang suchen, bevor sie eine Arbeit finden – die sie häufig erst nach ein oder zwei unbezahlten Praktika erhalten werden. Und sie zählen sich glücklich, weil sie wissen, dass ihre ärmeren Altersgenossen (von denen einige in der Schule besser waren) es sich nicht leisten können, ein oder zwei Jahre ohne Einkommen auszukommen, und nicht die Verbindungen haben, um überhaupt einen Praktikumsplatz zu ergattern.

Die jungen Hochschulabsolventen von heute haben Schulden – je ärmer sie sind, desto mehr. Also fragen sie nicht, was für eine Arbeit sie gern tun würden; sie fragen lediglich, was für eine Arbeit es ihnen ermöglichen wird, ihre Studentenkredite abzuzahlen, die sie häufig für 20 Jahre oder länger mit sich herumschleppen werden. Genauso ist der Kauf eines Hauses für sie ein weit entfernter Traum.

Diese Mühen bedeuten, dass junge Leute nicht so viel an den Ruhestand denken. Täten sie es, würden sie sich sorgen, wie viel sie anhäufen müssen, um sich im Alter ein anständiges Leben (das über die reinen staatlichen Leistungen hinausgeht) leisten zu können, da die ultraniedrigen Zinsen vermutlich noch länger anhalten werden.

Verkürzt gesagt: Die jungen Leute von heute betrachten die Welt durch die Brille generationsübergreifender Fairness. Den Kindern der gehobenen Mittelschicht könnte es letztlich doch gut gehen, weil sie das Vermögen ihrer Eltern erben werden. Und obwohl wenn ihnen diese Art von Abhängigkeit möglicherweise nicht gefällt, gefällt ihnen die Alternative noch weniger: ein „Neustart“, bei dem die Chancen schlecht stehen, nur annähernd zu erreichen, was einst als grundlegender Lebensstil der Mittelschicht galt.

Man kann diese Benachteiligungen nicht einfach so wegerklären. Es ist ja nicht so, als hätten diese jungen Leute nicht hart gearbeitet: Diese Nöte betreffen diejenigen, die stundenlang gelernt haben, in der Schule herausragten und „alles richtig gemacht“ haben. Das Gefühl gesellschaftlicher Ungerechtigkeit – dass das wirtschaftliche Spiel zu ihren Lasten manipuliert wurde – wird noch dadurch verschärft, dass sie sehen können, wie die Banker, die die Finanzkrise verursacht haben, welche die Ursache der anhaltenden wirtschaftlichen Probleme war, Riesenboni erhalten, und dass fast niemand für Fehlverhalten zur Rechenschaft gezogen wurde. Es gab massive Betrügereien, aber irgendwie keine greifbaren Täter. Die politischen Eliten versprachen, dass „Reformen“ nie dagewesenen Wohlstand bringen würden. Und das taten sie, aber nur für die obersten 1%. Allen übrigen, einschließlich der jungen Leute, brachten sie nie dagewesene Unsicherheit.
Diese drei Realitäten – soziale Ungerechtigkeit in nie dagewesenem Rahmen, massive Ungleichheit und ein Verlust an Vertrauen in die Eliten – bestimmen den politischen Moment, und das zu Recht.

Weiter so ist keine Antwort. Das ist der Grund, warum die Parteien der linken und rechten Mitte in Europa verlieren. Die USA ihrerseits sind in einer seltsamen Position: Während die republikanischen Präsidentschaftskandidaten versuchen, sich gegenseitig an Demagogie zu übertreffen – mit undurchdachten Vorschlägen, die die Lage noch verschlimmern würden –, schlagen beide demokratischen Kandidaten Veränderungen vor, die, wenn sie es denn durch den Kongress schafften, einen echten Unterschied machen würden.

Würden die von Hillary Clinton oder Bernie Sanders vorgeschlagenen Reformen verabschiedet, würde das die Fähigkeit des Finanzsystems zur Ausbeutung von Menschen in prekären Lebensumständen begrenzen. Zudem haben Clinton und Sanders Vorschläge für tiefgreifende Reformen gemacht, die die Art und Weise ändern würden, wie Amerika seine Hochschulbildung finanziert.

Doch ist noch mehr zu tun, um den Eigenheimerwerb nicht nur für diejenigen zu ermöglichen, denen ihre Eltern das Geld für eine Anzahlung geben können, und um angesichts der Wirrungen am Aktienmarkt und der Nullzinswelt, in die wir nun eingetreten sind, Sicherheit im Alter zu gewährleisten. Am wichtigsten ist, dass die junge Generation keinen reibungslosen Weg auf den Arbeitsmarkt finden wird, sofern sich die Wirtschaftsentwicklung nicht deutlich verbessert. Die „offizielle“ Arbeitslosenquote in den USA von 4,9% verbirgt ein viel höheres Niveau versteckter Arbeitslosigkeit, das Löhne und Gehälter niedrig hält.

Aber wir werden dieses Problem nicht lösen, solange wir es nicht anerkennen. Unsere jungen Leute tun das. Sie nehmen den Mangel an Generationengerechtigkeit wahr, und sie sind zu Recht wütend.

Aus dem Englischen von Jan Doolan


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