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Date :  2014-11-14
langue :  Allemand
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Die demografische Herausforderung


Beim Gedanken an das „Bevölkerungsproblem“ kommt vielen vor allem schnelles Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern in den Sinn. Tatsächlich nimmt das Bevölkerungswachstum weltweit ab und wird sich im weiteren Verlauf dieses Jahrhunderts voraussichtlich stabilisieren. Obwohl wir es uns nicht leisten können, die Tatsache zu ignorieren, dass Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge Mitte des Jahrhunderts weltweit 2,4 Milliarden Menschen mehr zu ernähren sein werden, gibt es ein weiteres Bevölkerungsproblem, das ebenfalls besondere Aufmerksamkeit verdient: große Inseln des Bevölkerungsrückgangs.

In Industrieländern steigt nicht nur der Anteil älterer Menschen. Die Geburtenraten sind so niedrig, dass die Gesamtbevölkerung schrumpft. Während die steigende Lebenserwartung als wesentlicher Faktor für diesen Wandel gefeiert werden sollte, müssen wir uns den problematischen Konsequenzen widmen: Eine sinkende Anzahl von Menschen im erwerbsfähigen Alter ist gezwungen, eine steigende Anzahl von Rentnern zu unterstützen.

Unterdessen ist in Entwicklungsländern das Gegenteil der Fall, und zu vielen jungen Menschen fehlt es an Beschäftigungsmöglichkeiten – oder zumindest an qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen in Vollzeit. In nicht allzu ferner Zukunft werden sich auch diese Länder den Problemen einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung gegenübersehen. Doch im Moment haben sie eine Vielzahl von Bürgern im erwerbsfähigen Alter – und diese Menschen brauchen Arbeitsplätze.

Tatsächlich sind diese gegensätzlichen Trends eine ideale Möglichkeit, die globale demografische Entwicklung wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Industrieländer könnten ihre schwindende Erwerbsbevölkerung durch junge Menschen aus Entwicklungsländern stärken, indem sie Migrationsbeschränkungen lockern. Die Steuern dieser Arbeitsimmigranten würden Industrieländern helfen, Leistungen für ältere Menschen zu finanzieren und ihre Überweisungen in die Heimat würden ihren Herkunftsländern zugutekommen.

Dieser Ansatz bietet einen enormen potenziellen Nutzen. Tatsächlich würde eine bescheidene Aufstockung der Beschäftigtenzahl in Industrieländern um 3% die Wirtschaft stärker voranbringen als die Beseitigung aller verbleibenden Handelsschranken. Außerdem würde jeder Dollar, der in diese Initiative investiert wird, fast 50 US-Dollar an wirtschaftlichem Nutzen produzieren und stellt somit eine außerordentlich effektive Nutzung beschränkter Ressourcen dar.

Diese beeindruckenden Zahlen sind das Ergebnis einer umfassenden Analyse, die von einem Team aus führenden Wirtschaftswissenschaftlern durchgeführt wurde, die von meinem Thinktank, dem Copenhagen Consensus Center, beauftragt wurden, bevölkerungsbezogene Ziele zu bewerten, um die besten globalen Investitionen zu identifizieren. (Weitere Teams haben sich mit Themen in 18 anderen Bereichen beschäftigt.)

Derart objektive, auf empirischen Grundlagen beruhende Analysen sollten die laufenden Bemühungen – der Vereinten Nationen, nationaler Regierungen, NGOs und anderer Akteure – bei der Entwicklung der nächsten globalen Entwicklungsagenda leiten, die im kommenden Jahr auf den Weg gebracht wird. Tatsächlich ist dies die einzige Möglichkeit dafür zu sorgen, dass die am schlimmsten von Armut betroffenen Menschen den größten Nutzen erzielen und dass Geld der Regierungen gut angelegt ist. Die derzeitige Agenda – in deren Mittelpunkt die sogenannten Millenniumsentwicklungsziele stehen – hat zwar beachtliche Erfolge erzielt, doch das fehlende Gewicht, das derartigen Kosten-Nutzen-Analysen beigemessen wurde, hat die Umsetzenden daran gehindert, beschränkte Ressourcen so optimal wie möglich einzusetzen.

Ein weiterer Vorteil einer solchen Analyse besteht darin, dass zukünftige Risiken im Zusammenhang mit langfristigeren Trends wie dem weltweiten Bevölkerungswachstum hervorgehoben werden können. Das ist wichtig, weil eine wachsende Bevölkerung ein noch größeres Problem sein könnte als bisher angenommen. Einer neuen Studie zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Weltbevölkerung in diesem Jahrhundert nicht ihren höchsten Stand erreichen wird derzeit bei 70% und die Prognose, dass 2100 zwischen 9,6 bis 12,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben, soll mit 80%-iger Wahrscheinlichkeit eintreten. Im Afrika südlich der Sahara – weiterhin die ärmste Region der Welt – wird das Bevölkerungswachstum am höchsten sein.

Glücklicherweise gibt es eine kostenwirksame Möglichkeit dieses Wachstum zu bremsen: Zugang zu modernen Verhütungsmitteln für Frauen. Die Bereitstellung von Verhütungsmitteln für 215 Millionen Frauen weltweit – ein Großteil von ihnen in Afrika –, die eine Schwangerschaft vermeiden wollen, würde pro Jahr rund 3,6 Milliarden US-Dollar kosten.

Wenn man bedenkt, in welchem Maße sich diese Investition auszahlen kann, wirkt die Summe lächerlich. Schätzungen zufolge würde es jedes Jahr 640.000 weniger Todesfälle bei Neugeborenen geben, 150.000 Mütter weniger würden bei der Geburt sterben und 600.000 Kinder weniger würden ihre Mütter verlieren – eine Entwicklung, die einen wirtschaftlichen Nutzen von rund 145 Milliarden US-Dollar erzielen würde.

Und nicht nur das: Besserer Zugang zu Verhütungsmitteln würde Mütter in die Lage versetzen, mehr Zeit mit der Erziehung – und Bildung – ihrer vorhandenen Kinder zu verbringen. Weniger Kinder bedeutet auch, dass ein größerer Anteil der Bevölkerung arbeiten und die Wirtschaft mit rund 288 Milliarden US-Dollar jährlich über die Dauer einer Generation ankurbeln würde. Alles in allem erzielt jeder Dollar, der für Familienplanungsprogramme ausgegeben wird, sage und schreibe 120 Dollar an Nutzen.

Natürlich würde es nicht reichen, einfach Verhütungsmittel auszuteilen. Menschen in armen Ländern – besonders in afrikanischen Ländern mit hohen Geburtenzahlen, die nur 18% der Weltbevölkerung stellen, in denen aber 38% aller Neugeborenen auf die Welt kommen – würden erheblich von Bildungsinitiativen mit den Schwerpunkten Gesundheit und Familienplanung profitieren.

Die Lage der ärmsten Menschen auf der Welt so weit wie möglich zu verbessern bedeutet die Steuerung von starken Kräften, eingefahrenen Gewohnheiten und, was am wichtigsten ist, von starken Einschränkungen finanzieller und zeitlicher Natur sowie des Humankapitals. Aus diesem Grund ist objektive, datengestützte Analyse die beste Orientierungshilfe.

Aus dem Englischen von Sandra Pontow.


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