„Das heute angenommene Migrationspaket zeigt, dass wir bei der Einwanderungs- und Asylproblematik umdenken müssen“, erklärte der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso. „Einwanderung ist ein Faktor, der zur europäischen Wirtschaftsleistung beiträgt. Dieses Potenzial können wir jedoch nur dann erschließen, wenn wir Migranten erfolgreich integrieren und die Sorgen der Bürger angesichts der illegalen Einwanderung ernst nehmen. Europa braucht eine gemeinsame Vision, die auf dem Erreichten aufbaut und einen kohärenteren, integrierten Rahmen für künftige Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union zum Ziel hat. Wenn wir uns die zehn Grundsätze zu eigen machen, um die Einwanderung besser zu steuern und Asylbewerber besser zu schützen, werden wir in diesen zentralen Bereichen deutliche Verbesserungen erreichen.“
Vizepräsident Jacques Barrot, der in der Kommission für das Ressort Freiheit, Sicherheit und Justiz zuständig ist, äußerte sich zu der Mitteilung zur Einwanderungspolitik mit folgenden Worten: „Einwanderung bedeutet für die EU eine Chance und eine Herausforderung. Wird sie angemessen gesteuert, bringt sie unserer Gesellschaft und unserer Volkswirtschaft Reichtum. In einem Europa ohne Binnengrenzen müssen die Mitgliedstaaten und die EU auf der Grundlage einer gemeinsamen Vision handeln. Dies ist eine Voraussetzung für die Steuerung von legaler Zuwanderung und Integration und für die Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Dabei wird gleichzeitig den universellen Werten Flüchtlingsschutz, Achtung der Menschenwürde und Toleranz Geltung verschafft.“
Mit Blick auf die Asylstrategie fügte er hinzu: „Mit dieser Asylstrategie leitet die Kommission die zweite Phase des gemeinsamen europäischen Asylsystems ein, deren globale Ziele darin bestehen, die Tradition der Union im Bereich der humanitären Hilfe und des Flüchtlingsschutzes fortzusetzen und zu verstärken und EU-weit gleiche Schutzbedingungen zu schaffen. Dafür müssen die gemeinsamen Rechtsstandards angehoben, die Entscheidungsprozesse durch intensivere praktische Zusammenarbeit zwischen den nationalen Asylbehörden verbessert und bei der Aufnahme von Flüchtlingsströmen unter den Mitgliedstaaten und zwischen der EU und Drittstaaten mehr Solidarität an den Tag gelegt werden."
Gemeinsame Grundsätze der EU für die Einwanderung
Mit der Mitteilung "Eine gemeinsame Einwanderungspolitik: Grundsätze, Maßnahmen und Instrumente", die die Kommission heute angenommen hat, macht sie deutlich, wie sie sich die Weiterentwicklung der gemeinsamen europäischen Einwanderungspolitik vorstellt. Sie fordert den Europäischen Rat auf, die darin enthaltenen zehn gemeinsamen Grundsätze sowie eine Reihe konkreter Maßnahmen zu billigen.
Die zehn gemeinsamen Grundsätze gründen auf den vom Europäischen Rat in Tampere 1999 formulierten Zielvorgaben, dem Haager Programm von 2004 und dem Gesamtansatz zur Migrationsfrage, den die Kommission 2005 vorgelegt hat. Jedes dieser Dokumente enthält eine nicht erschöpfende Liste von Maßnahmen, die entweder auf Ebene der Mitgliedstaaten oder auf EU-Ebene durchgeführt werden und das Konzept konkretisieren sollen. Diese Grundsätze decken ein breites Spektrum einwanderungspolitischer Maßnahmen ab und sind folgendermaßen zusammengefasst:
* Wohlstand und Einwanderung: 1 – Klare Regeln und gleiche Bedingungen; 2 – Ausrichtung der Qualifikationen auf den Arbeitsmarktbedarf; 3 – Integration als Schlüssel für erfolgreiche Einwanderung.
* Wohlstand und Einwanderung: 4 – Transparenz, Vertrauen und Zusammenarbeit; 5 – Wirksame und kohärente Nutzung der verfügbaren Mittel; 6 – Partnerschaft mit Drittländern.
* Sicherheit und Einwanderung: 7 – Eine Visumpolitik im Interesse Europas;
8 – Integrierte Grenzverwaltung; 9 – Intensivierung der Bekämpfung der illegalen Einwanderung und keine Toleranz für Menschenhändler; 10 – Nachhaltige und wirksame Rückführungsmaßnahmen.
Die gemeinsame Einwanderungspolitik wird partnerschaftlich zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Organen umgesetzt. Ein regelmäßiges Follow-up wird mithilfe eines neuen Überwachungs- und Evaluierungsverfahrens vorgenommen, das auch eine jährliche Bewertung und Empfehlungen der Frühjahrstagung des Europäischen Rates umfasst, die dieser auf der Grundlage eines Kommissionsberichts zur Einwanderungslage auf EU- und nationaler Ebene erstellt.
Künftige Asylstrategie
Parallel dazu hat die Kommission heute eine Mitteilung zur künftigen Asylstrategie angenommen, in der die Maßnahmen aufgelistet sind, mit denen die Kommission die zweite Phase des gemeinsamen europäischen Asylsystems abschließen möchte. Während der ersten Phase, die von 1999 bis 2004 dauerte, wurden wichtige Rechtsinstrumente angenommen, durch die in verschiedenen Bereichen wie Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, Asylverfahren und Voraussetzungen für die Anerkennung als international Schutzbedürftige(r) gemeinsame Mindeststandards festgelegt wurden. Zu diesen Instrumenten gehört ferner die Dublin-Verordnung, die regelt, welcher Mitgliedstaaten jeweils für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist.
Im Rahmen der neuen Asylstrategie ist beabsichtigt, die Schutzstandards auf EU-Ebene zu präzisieren, damit die ehrgeizigen Ziele des Haager Programms erreicht werden können. Dazu müssen die vorhandenen Rechtsinstrumente geändert werden. Gleichzeitig geht die Strategie davon aus, dass die Konvergenz der Rechtsvorschriften durch eine angemessene praktische Kooperation beispielsweise in Form eines Austauschs von Informationen und bewährten Vorgehensweisen sowie gemeinsamen Schulungsmaßnahmen ergänzt werden muss. Nur so sei eine Annäherung bei Asylentscheidungen und somit EU-weit ein gleicher Schutz zu erreichen. Darüber hinaus ist eine europäische Unterstützungsagentur vorgesehen, die für die Koordinierung der praktischen Zusammenarbeit zuständig ist. Die Asylstrategie enthält eine Reihe von Instrumenten zur Förderung der Solidarität mit Mitgliedstaaten, deren Asylsysteme stark belastet sind. Schließlich wird aufgezeigt, wie Drittstaaten, die großen Flüchtlingsgruppen Zuflucht gewähren, unterstützt werden können. Gedacht ist unter anderem an die Einrichtung eines EU-weiten Wiederansiedlungsprogramms und die Ausweitung der regionalen Schutzprogramme.
Weitere Informationen zu den Mitteilungen über Einwanderung und die künftige Asylstrategie sind zu finden in MEMO/08/402, 403 und 404.