Anlass für die Anhörung im Innenausschuss am Montag in Brüssel war unter anderem die geplante Übernahme des Unternehmens DoubleClick durch Google.
DoubleClick gehört zu den führenden Unternehmen für Banner-Werbung im Internet, während Google nicht nur die meistgenutzte Suchmaschine betreibt, sondern in den letzten Jahren auch einen wachsenden Teil des 27 Milliarden Dollar schweren Online-Werbemarktes erobert hat, indem es kontextuelle Anzeigen schaltet, d.h. Anzeigen, die zur Suchanfrage passen. Auch E-Mail-Texte der Nutzer des Google E-Mail-Dienstes Gmail werden automatisch durchsucht und mit passenden Annoncen dargestellt.
Was Google sich merkt
Google sammelt nach eigenen Angaben „personenbezogene Daten“ nur von Nutzern, die sich anmelden „oder in sonstiger Weise Daten freiwillig zur Verfügung stellen“. Solche personenbezogenen Daten wie etwa Namen und E-Mail-Adressen können „mit Daten von anderen Google-Diensten oder anderen Unternehmen kombiniert“ werden, heißt es im Datenschutz-FAQ von Google.
Auch das Klicken auf Links registriert Google: „Auf diese Weise kann Google Informationen darüber aufzeichnen, wie Sie unsere Website und unsere Dienste nutzen“, heißt es auf den Seiten der Suchmaschine. Dazu benutzen Google und andere Websites insbesondere sogenannten Cookies, die der Wiedererkennung eines Nutzers im Internet dienen.
Für Kritik sorgte in der Anhörung, dass die Vertreter der Internet-Firmen die sogenannten IP-Adressen der Nutzer nicht als besonders schützenswerte „personenbezogene Daten“ gewertet sehen wollen, die nur mit dem Einverständnis der Nutzer gespeichert und verwertet werden dürfen. Da die einzelnen Nutzer meist einer bestimmten IP-Adresse zugerechnet werden könnten, forderte etwa der EU-Datenschutzbeauftragte Hustinx, sie als personenbezogenen Daten zu werten.
Google-DoubleClick-Fusion: ein Fall für Datenschützer oder Wettbewerbshüter?
Durch die Übernahme von DoubleClick (auf die sich Google und DoubleClick im Frühjahr letzten Jahres grundsätzlich verständigt hatten) würde Google eine einzigartige Datenmenge über Internet-Nutzer bekommen und womöglich in allen Bereichen der Internet-Werbung verwerten können.
Auch könnte der Wettbewerb auf dem Werbemarkt untergraben und durch die Zusammenführung von Nutzerdaten die Privatsphäre der Internetnutzer verletzt werden, meinten sowohl EU-Abgeordnete wie die niederländische Liberale Sophie in’t Veld als auch amerikanische Experten wie Marc Rotherberg vom Electronic Privacy Information Centre bei der Anhörung.
Eine Meinung, die auch Pamela Harbour von der in USA für Verbraucherschutz und Fusionskontrolle zuständigen Behörde Federal Trade Commission (FTD), teilte. Die FTD hat allerdings am 21. Dezember 2007 dem Zusammenschluss von Google und DoubleClick (gegen Harbours Stimme) grünes Licht erteilt. Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission haben im November eine Überprüfung der Übernahme eingeleitet, deren Ergebnis bis April erwartet wird.
Peter Fleischer, Datenschutzbeauftragter von Google, warnte im Innenausschuss davor, Sorgen über den Datenschutz mit der wettbewerbsrechtlichen Prüfung zu verquicken. Sophie in't Veld erwiderte dass Marktmacht und Datenfülle im Online-Werbegeschäft eng zusammenhingen.
Der portugiesische Europa-Abgeordnete Carols Coelho (Europäische Volkspartei - Europäische Demokraten, EVP-ED) zeigte sich dennoch „besorgt" angesichts des Zusammenschlusses und der griechische SPE-Abgeordnete Stavros Lambrinidis gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die EU-Kommission bei der Prüfung „weiter gehen könnte" als die US-Behörde.
Ein Zusammenhang zwischen Fusion und Datenschutz könnte zumindest darin gesehen werden, dass die EU-Datenschutzrichtlinie von 1995 vorschriebt, dass das Sammeln von Daten einem spezifischen, expliziten Zweck dienen muss. Relevant könnte also sein, dass Google als Suchmaschine oder E-Mail-Anbieter Nutzerdaten sammelt und diese dann in einem anderen Geschäftsbereich verwendet – nämlich der DoubleClick-Banner-Werbung, die auf ganz anderen Websites geschaltet wird.
„Macht als Verbraucher nutzen"
Während der Anhörung meinte Cornelia Kutterer vom europäischen Verbraucherschutzbüro BEUC, dass die Nutzer „oft nicht wissen, dass Daten über sie gesammelt werden“ und ein größeren Schutz ihrer Privatsphäre vermuteten als tatsächlich gegeben.
Ein Vertreter der EU-Kommission stellte Pläne für eine Novellierung einer Richtlinie zum Verbraucherschutz im Telekommunikationsbereich in Aussicht, die eine verbesserte Information der Nutzer vorsehe.
Die EU-Abgeordnete in’t Veld appellierte an Internet-Nutzer ihre Macht als Verbraucher bewusst einzusetzen und erinnerte an die Proteste, die die Website Facebook im vergangen Jahr ausgelöst hatte, als ein neues Werbe-System eingeführt wurde, welches Online-Einkäufe im Profil von Facebook-Nutzern anzeigen sollte.
Facebook-Gründer Zuckerberg entschuldigte sich nach den Protesten bei den Nutzern und machte einen Rückzieher. Nur wer es ausdrücklich will, kann nunmehr seine Einkaufsgewohnheiten seinem Facebook-Freundeskreis mitteilen.
Weitere Informationen :
- Dokumente der Anhörung
- Presse-Info zur Anhörung (EN)
- Leitfaden zum Datenschutz
- EU-Datenschutzbeauftragter
- Electronic Privacy Inforamtion Centre