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Date :  2007-11-09
langue :  Allemand
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Udine Erklärung "Identität: Regionen als Bausteine für Europa"

(Von der VRE Hauptversammlung in Udine am 09. November 2007 verabschiedet)


Versammelt in Udine, Friaul-Julisch Venetien, am 9. November, haben die gewählten Vertreter der europäischen Regionen sich mit dem Thema der „Entwicklung regionaler und europäischer Identität“ auseinandergesetzt. Als Resultat einigte man sich auf folgende Erklärung über die Rolle der Regionen bei der Ausbildung von starken Identitäten in Europa:


A. Hintergrund

1. Gegenwärtige Bevölkerungsverschiebungen und ein ausgeprägtes Regionalbewusstein bedeuten, dass die nationale Identität nicht mehr das einzige Sinnstiftungsmerkmal für die Identität der Europäer ist. Regionale Identitäten haben in vielen Teilen des Kontinentes an Bedeutung gewonnen; weniger genutzte – regionale und nationale - Minderheitensprachen tragen zum Beispiel bedeutend zur Stärkung der regionalen Identität bei. Wir erkennen an, daß die nationale Identität weiterhin ein wichtiger Faktor ist, gleichzeitig ist aber das allmähliche Aufkommen einer europäischen Identität zu beobachten. Diese Entwicklungen haben zur Entstehung von multiplen Identitäten geführt, da europäische und regionale Identitäten mit der nationalen Identität interagieren und dadurch komplexere Identitäten schaffen. Dies bedeutet, dass es sich bei Identität nicht um ein statisches Konzept handelt, sondern um ein sich ständig veränderndes Phänomen.

2. Gegenwärtig erleben wir zwei Trends, die als potenzielle Gefahren für die vielfältigen Identitäten in Europa identifiziert werden können: (i) einerseits eine wahrgenommene Homogenisierung der Kulturen, die zu einer Schwächung regionaler Identität führen kann, und (ii) andererseits eine verstärkte Migration, die zu vielschichtigeren Gesellschaften führt und eine einheitliche Identität zu untergraben scheint.

3.Regionen glauben, dass diese zwei Entwicklungen zwar sicherlich zu einer Veränderung von Identität beitragen, jedoch keine wirkliche Gefahr darstellen und vielmehr als Chance betrachtet werden sollten. Bürger suchen ein Gegengewicht zur Globalisierung und Homogenisierung im kommunalen und regionalen Kontext; Regionen vermögen ihnen ein Gefühl von Identität und von Zugehörigkeit zu vermitteln. Auch Europa kann in der heutigen globalisierten Welt ein Gefühl von Zugehörigkeit und Identität stiften, selbst wenn einige Bürger die europäische Integration als eine Gefahr für ihre Identitäten sehen.

4. Indem regionale, nationale und europäische Identitäten sich mit bestimmten kulturellen, linguistischen und religiösen Identitäten verbinden, wächst die Vielfalt Europas. In der Tat wurden Europa und die verschiedenen Kulturen aufgrund einer jahrhundertealten Geschichte der Völkerwanderung und des Aufeinandertreffen und Vermischens verschiedener linguistischer, religiöser und kultureller Identitäten geformt.

Dieser Vorgang ist noch nicht abgeschlossen; es ist aber der Reichtum dieser neu entstehenden, mannigfaltigen Identitäten, der Europa und seinen Regionen einen einzigartigen Vorteil bietet.

5. Heute liegen die Herausforderungen für Europa und seine Regionen darin, diesen Vorteil auszubauen: einerseits indem die Entwicklung starker regionaler und europäischer Identitäten gefördert wird, während andererseits bestehende nationale Identitäten respektiert werden. Letzteres bedeutet auch, dass man sich an die Veränderung von Identitäten anpasst. Die Regionen müssen auch gewährleisten, daß das Subsidiaritätsprinzip durch die europäischen Institutionen und die Nationalstaaten konsequent beachtet wird, um eine Stärkung der regionalen Vielfalt überhaupt erst zu ermöglichen.

B. Entfaltung regionaler Identitäten

1. Eine ausgeprägte regionale Identität steigert die Attraktivität eines Territoriums und stellt daher einen wichtigen Faktor für die Regionalentwicklung dar: Das Tourismuspotenzial einer Region kann erhöht, das kulturelle Leben gefördert und das ökonomische Potenzial gestärkt werden. Eine dynamische und positive Regionalidentität ist zudem unumgänglich, will man neue Bürger gewinnen bzw. die Abwanderung der ansässigen Bevölkerung verhindern sowie regionale Entwicklungsstrategien gestalten und verstärken.

2. Auf dem heutigen globalen Markt müssen sich die Regionen positionieren, um Anerkennung zu gewinnen und ökonomischen Erfolg verbuchen zu können. Regionale Unterschiede bilden immer noch eine der wichtigsten Grundlagen für den Wettbewerbsvorteil. Regionale Entscheidungsträger spielen daher eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die regionale Identität für ein positives regionales Image zu nutzen.

3. Jede Region Europas hat ihre eigene Kultur und ihre eigenen Traditionen, die sich im Verlauf der Zeit entwickelt haben; das ist eine wichtige Grundlage für die kulturelle Identität der europäischen Bürger. Durch die Ausarbeitung einer Kulturpolitik und die Förderung regionaler Medien können die Regionen das Potenzial ihrer kulturellen Identität maximieren und somit die kulturelle Vielfalt Europas zusätzlich entwickeln.

4. Da Bevölkerungsverschiebungen und Migration die Ausprägung europäischer Gesellschaften verändern, müssen Regionen sicherstellen, dass diese Transformation nicht zu einer Polarisierung von Gruppen innerhalb der Gesellschaft führt, sondern stattdessen positiv für die Bürger, die Wirtschaft und das kulturelle Leben ist. Die EU- Osterweitung 2004 brachte eine Intensivierung der Migrationsströme innerhalb der EU mit sich. Es scheint, dass diese Tatsache sich im Allgemeinen positiv auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt hat, besonders da, wo es Arbeitskräftemangel gab. Die Regionen sind dafür verantwortlich, unter ihren Bürgern ein Gemeinschaftsgefühl herzustellen. Dies können sie tun, indem sie ihre Eingliederungspolitik stärken und ein Zusammengehörigkeitsgefühl schaffen. Ausmaß, Geographie und Komplexität der jüngsten Migrationsströme können jedoch auch eine große Herausforderung für das Bereitstellen von öffentlichen Dienstleistungen auf lokaler Ebene darstellen. Deshalb gestalten und setzen regionale und lokale Behörden in den Bereichen Bildung, Soziales, Arbeit und Gleichberechtigung integrative Politiken um, die sowohl die Integration als auch die Vielfalt fördern. In diesem Prozess werden Regionen vielfältiger, dynamischer und somit innovativer, wirtschaftlich erfolgreicher und attraktiver.

5. Die Formen der Regierungsführung, der Partizipation und der Demokratie sind, ebenso wie das soziale Kapital und die Teilhabe am regionalen Leben, sehr wichtig für die Ausprägung regionaler Identitäten. Ausgeprägte regionale Identitäten benötigen effiziente regionale Institutionen. Die Einrichtung einer Selbstverwaltung sowie eine starke regionale Zivilgesellschaft können zur Entfaltung regionaler Identität beitragen. Zudem müssen Regionalpolitiker sicherstellen, dass die regionale Regierungsführung die Vielfalt der Identitäten reflektiert und respektiert.

C. Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Identität

1. Regionen, die stolz auf ihre Identität sind und ihr Potenzial maximal ausnutzen, tragen zu der Entwicklung eines starken und dynamischen Europas bei, welches dadurch seine Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität auf globaler Ebene steigert.

2. So wie ausgeprägte regionale Identitäten dynamische Regionen hervorbringen und ausgeprägte nationale Identitäten ein Faktor für den Aufbau starker Nationen sein können, so braucht Europa eine klare Vorstellung einer europäischen Identität. Die Schaffung einer starken europäischen Identität hilft, die demokratische Legitimität der EU zu fördern und die Beteiligung der Bürger am europäischen Leben zu erhöhen.

3. Eine gemeinsame europäische Identität kann sich nur aufgrund gemeinsamer Werte und gemeinsamer Bezugspunkte sowie einem gleichen Verständnis von „Europäisch sein“ entwickeln.
Eine europäische Identität sollte auf einem Zughörigkeitsgefühl zu einem gemeinsamen Raum und auf europäischen Prinzipien und Werten wie Demokratie, Toleranz, Verständnis für andere, Wahrung der Menschenrechte sowie Respekt und Schutz von Minderheiten basieren.

4. Die Entstehung einer europäischen Identität benötigt einen eindeutigen europaweiten öffentlichen Raum und eine verstärkte politische Teilhabe. Regionen spielen in beiden Bereichen eine Schlüsselrolle. Sie können zivile, politische und kulturelle Zusammenarbeit stärken, was wiederum zu der Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Identität führen kann. Zudem können Regionen durch Bildung, vor allem in den Bereichen bürgerschaftliche Erziehung, Fremdsprachen und Geschichte, eine gemeinsame europäische Identität stärken.

5. Zudem unterstützt die grenzüberschreitende, interregionale und transnationale Zusammenarbeit die Entwicklung einer europäischen Identität und trägt zur Differenzierung der verschiedenen regionalen Identitäten bei, wodurch somit das Prinzip der Vielfalt gestärkt wird.

6. Damit eine europäische Identität erfolgreich entstehen kann, muss sie die Vielfalt regionaler Identitäten berücksichtigen. Nur durch die Nutzbarmachung der unzähligen Identitäten, die in Europa existieren, werden wir fähig sein, die Vielfalt, die Europa ausmacht und unseren wahren Wettbewerbsvorteil darstellt, zu schützen. Vielfalt, die sich durch die Bewahrung und Integration der Identitäten ergibt, ist das beste Instrument für Innovation und das ökonomische, soziale und kulturelle Wachstum Europas.

D. Schlussfolgerungen

Schlussfolgernd bitten wir, die Regionen Europas, die nationalen Regierungen sowie die europäischen Institutionen:

(I) Die regionalen Identitäten und das Subsidiaritätsprinzip zu respektieren und ihnen Raum zur Entfaltung zu geben, insbesondere indem den Regionen die Verantwortung und die finanziellen Mittel zur Gestaltung und Ausführung von Politiken gegeben werden, die die regionale Identität beeinflussen. Als Beispiel sei hier der Schutz der Minderheitensprachen genannt; die Regionen sind letztendlich die Körperschafte, die den Schutz und die Förderung dieser Politiken am besten garantieren können.

(II) Anzuerkennen, dass regionale Identität und das Subsidiaritätsprinzip Schlüsselfaktoren für die Entwicklung starker und kohärenter Regionen sind; neue Regionalstrukturen sollten deshalb nicht nur infolge statistischer Erwägungen geschaffen werden, sondern auch bereits bestehende regionale Identitäten respektieren.

(III) Die Rolle der Regionen beim Aufbau einer europäischen Identität - zusätzlich zu den bereits bestehenden nationalen Identitäten - anzuerkennen und zu unterstützen, einer Identität, die auf der gemeinsamem Achtung der Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Gleichheit (einschließlich Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen), Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus, Nicht-Diskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität, Soziale Gerechtigkeit, Gewaltenteilung, Subsidiarität und Vielfalt basiert.

(IV) Die Möglichkeiten der Europäischen Kommission zu begrenzen, mittels der staatlichen Beihilfepolitik die Kompetenzen der Regionen in der Kultur-, Medien, und Bildungpolitik zu beschränken. Dies betrifft auch internationale Handelsabkommen wie die GATS-Verhandlungen. Gleichzeitig sollte die Einhaltung der Verpflichtungen des UNESCO-Abkommens über den Schutz und die Förderung der Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen gewährleistet werden.

Von der VRE Hauptversammlung in Udine (I) am 09. November 2007 verabschiedet


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