Das Vorschlagspaket leistet ferner einen Beitrag zur Nachhaltigkeit, indem es die Energieeffizienz fördert und sicherstellt, dass auch kleine Unternehmen, die z. B. in erneuerbare Energien investieren, Zugang zum Energiemarkt erhalten. Ein wettbewerbsorientierter Markt wirkt sich auch positiv auf die Versorgungssicherheit aus, da verbesserte Bedingungen für Investitionen in Kraftwerke, Übertragungs- und Fernleitungsnetze ihrerseits dazu beitragen, die Gefahr von Unterbrechungen der Strom- oder Gasversorgung zu mindern. Auch die Garantien für einen fairen Wettbewerb mit Unternehmen aus Drittländern werden gestärkt.
„Um die Herausforderungen des Klimawandels, der steigenden Importabhängigkeit und des globalen Wettbewerbs bewältigen zu können, braucht die EU einen offenen und gerechten Energiebinnenmarkt. Dabei geht es uns darum, dass den Verbrauchern und Unternehmen bessere Bedingungen eingeräumt werden und dass sich auch Unternehmen aus Drittländern an unsere Regeln halten“, erklärte EU-Kommissionspräsident Barroso.
„Wir haben in den letzten 10 Jahren bereits ein gutes Stück des Weges zu einem Energiebinnenmarkt in der EU zurückgelegt. Wir müssen diesen Prozess jetzt abschließen und dafür sorgen, dass dieser Markt konkrete und effektive Vorteile bietet, die allen Bürgern und Unternehmen zugute kommen. Die EU muss nun durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass alle Bürger ihren Anbieter frei wählen und sich für das beste Angebot entscheiden können,“ so Energiekommissar Piebalgs.
„Es ist Zeit, dass Privathaushalte und Unternehmen endlich in den Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Energiemarkts mit freier Auswahl des Versorgers und faireren Preise kommen. Unsere heutigen Vorschläge werden dies möglich machen“, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Kroes.
Damit der Binnenmarkt den großen und den kleinen Verbrauchern gleichermaßen zugute kommt und die EU bei der Energieversorgung mehr Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit erreichen kann, schlägt die Kommission eine Reihe von Maßnahmen zur Ergänzung der bestehenden Bestimmungen vor.
• Trennung der Erzeugung und Versorgung von den Übertragungsnetzen: das Eigentum und der Betrieb der Netze sollten „entflochten“ werden. Hier geht es um die Trennung des Betriebs der Strom- und Gasnetze von den Versorgungs- und Erzeugungstätigkeiten. Wie aus den Vorschlägen klar hervorgeht, favorisiert die Kommission die Option der eigentumsrechtlichen Entflechtung, bei der ein Unternehmen nicht mehr gleichzeitig sowohl Eigentümer der Übertragungsnetze als auch Energieerzeuger oder Energieversorger sein darf. Darüber hinaus schlägt die Kommission als zweite Möglichkeit die Option des „unabhängigen Netzbetreibers“ vor, bei der bestehende vertikal integrierte Unternehmen Eigentümer ihrer Netze bleiben könnten, sofern sie den tatsächlichen Betrieb anderen Unternehmen oder Stellen anvertrauen, die von ihnen völlig unabhängig sind. Beide Optionen werden frische Anreize für Unternehmen schaffen, in neue Infrastrukturen, Verbindungskapazitäten und neue Erzeugungskapazitäten zu investieren, wodurch Stromausfälle und unnötige Preisspitzen vermieden werden können.
• Die Kommission ist sich der großen strategischen Bedeutung der Energiepolitik bewusst. Deshalb enthält das Legislativpaket Schutzvorkehrungen für den Fall, dass Unternehmen aus Drittländern bedeutende Anteile erwerben oder sogar die Kontrolle über ein EU-Netz übernehmen wollen, denn sie müssen sich dann nachweislich und unwiderruflich den gleichen Entflechtungsanforderungen unterwerfen wie EU-Unternehmen. Ist ein Käufer nicht in der Lage, seine direkte und indirekte Unabhängigkeit von Versorgungs- und Erzeugungstätigkeiten nachzuweisen, kann die Kommission einschreiten.
• Erleichterung des grenzübergreifenden Energiehandels: Die Kommission schlägt auch die Errichtung einer Agentur für die Zusammenarbeit der einzelstaatlichen Energieregulierungsbehörden mit verbindlichen Entscheidungsbefugnissen vor, um die Tätigkeiten der nationalen Regulierungsbehörden zu ergänzen. Auf diese Weise können grenzüberschreitende Fälle angemessen behandelt werden und die EU wird in die Lage versetzt, eine echte europäische Struktur aufzubauen, die als einheitliches Netz funktioniert und der Diversifizierung und der Sicherheit der Versorgung zugute kommt.
• Effizientere einzelstaatliche Regulierungsbehörden: die Kommission schlägt Maßnahmen vor, um die Unabhängigkeit der einzelstaatlichen Regulierungsbehörden in den Mitgliedstaaten zu stärken und zu garantieren.
• Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit und Investitionen: Die Kommission schlägt die Schaffung eines neuen europäischen Netzes der Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber vor. EU-Netzbetreiber sollen darin zusammenarbeiten und gemeinsame Marktvorgaben, technische Bestimmungen und Sicherheitsnormen entwickeln und die auf EU-Ebene notwendigen Investitionen planen und koordinieren. Hierdurch würden der grenzüberschreitende Handel erleichtert und einheitliche Bedingungen für die Betreiber geschaffen.
• Mehr Transparenz: Maßnahmen zur Verbesserung der Markttransparenz im Hinblick auf Netzbetrieb und Versorgung sollen Gleichheit beim Zugang zu Informationen und transparentere Preisgestaltung gewährleisten, das Vertrauen in den Markt stärken und dazu beitragen, Marktmanipulationen zu verhindern.
• Größere Solidarität: bei einer engeren Vernetzung der einzelstaatlichen Märkte sieht die Kommission bessere Chancen, dass die Mitgliedstaaten sich bei Bedrohungen der Energieversorgung gegenseitig unterstützen.
Günstige Auswirkungen für die Kunden sind auch von einer neuen Charta der Rechte der Energieverbraucher zu erwarten, die 2008 veröffentlicht werden soll. In diesem Zusammenhang geht es um Maßnahmen gegen Armut infolge hoher Energiekosten, Informationen für Kunden, um diesen die Wahl des Anbieters und die Entscheidung zwischen verschiedenen Versorgungsoptionen zu erleichtern und um Maßnahmen zur Verringerung des bürokratischen Aufwandes bei einem Wechsel des Versorgers sowie zum Schutz der Bürger vor unlauteren Verkaufspraktiken. Die Bürger sollen in einer separaten Informationskampagne über ihre Rechte aufgeklärt werden.
Das vorgeschlagene Maßnahmenpaket war bereits in der Mitteilung „Eine Energiepolitik für Europa“[2] der Kommission skizziert worden, die der Europäische Rat im März 2007 gebilligt hatte. In dieser Mitteilung wurde dargelegt, warum die EU im Interesse aller Bürger neue Wege bei der Energieversorgung in Richtung auf eine sichere, nachhaltige und kohlenstoffarme Wirtschaft einschlagen muss. Voll für den Wettbewerb geöffnete Märkte sind dafür eine wesentliche Voraussetzung. Ab dem 1. Juli 2007 können die Bürger bereits EU-weit ihren Versorger frei wählen. Das neue Maßnahmenpaket soll sicherstellen, dass alle Anbieter hohe Anforderungen im Hinblick auf Dienstleistungsqualität, Nachhaltigkeit und Sicherheit erfüllen.
Die Vorschläge der Kommission zum Energiebinnenmarkt sind ein fester Bestandteil der Lissabonner Strategie sowie der EU-Energiestrategie und werden Gegenstand der Erörterungen der Staats- und Regierungschefs auf ihren regelmäßigen Gipfeltreffen sein.
Alle Texte finden Sie hier:
http://ec.europa.eu/energy/electricity/package_2007/index_en.htm
[1] Vorschläge für:
• eine Verordnung zur Gründung einer EU-Agentur für die Zusammenarbeit der einzelstaatlichen Energieregulierungsbehörden
• eine Richtlinie zur Änderung und Ergänzung der bestehenden Richtlinie 2003/54 zum Elektrizitätsbinnenmarkt
• eine Richtlinie zur Änderung und Ergänzung der bestehenden Richtlinie 2003/55 zum Erdgasbinnenmarkt
• eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung der bestehenden Verordnung 1228/54 zum grenzüberschreitenden Stromhandel
• eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung der bestehenden Verordnung 1775/05 über Erdgasfernleitungsnetze
[2] (KOM(2007) 1 endg.)