Mit steigendem Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt die Nachfrage nach Gesundheitspersonal in der Europäischen Region der WHO, während gleichzeitig das Angebot sinkt. Gesundheitspersonal wird aus ärmeren Ländern zu einer Anstellung im Ausland abgeworben, wo es mehr zu verdienen, aber eventuell auch Benachteiligungen gegenüber den inländischen Kollegen gibt. Diese und weitere Herausforderungen für die Personalpolitik im Gesundheitswesen werden vom 17. bis 20. September in Belgrad, Serbien, erörtert werden, wenn über 300 Vertreter der 53 Mitgliedstaaten der Region zur 57. Tagung des Regionalkomitees, dem Leitungsgremium der Europäischen Region der WHO, zusammenkommen.
Das Regionalkomitee wird voraussichtlich eine Resolution zur Unterstützung der Entwicklung regionaler Gesundheitspersonalpläne, u. a. durch Vereinbarungen zwischen den Ländern über die Wanderungsbewegungen von Gesundheitspersonal, verabschieden. Früher galt das Thema Gesundheitspersonal als eine Domäne der Innenpolitik, heute wächst die Erkenntnis in den Ländern, dass sie von der internationalen Dimension der Problematik betroffen sind. Das Regionalkomitee soll den Dialog der Länder über eine optimale Nutzung der ausgewanderten Ärzte, Hebammen, Schwestern und Helfer für sowohl Herkunfts- als auch Zielländer bei Wahrung der Arbeitnehmerrechte fördern.
Gesundheitspersonal: Probleme und Erfordernisse
Nach Erkenntnislage wird es in den kommenden Jahren bei qualifiziertem Gesundheitspersonal einen Nachfrageüberhang geben. In Ländern wie Dänemark, Frankreich, Island, Norwegen und Schweden ergraut das Gesundheitspersonal zusehends: Das Durchschnittsalter der angestellten Krankenschwestern und -pfleger liegt dort bei 41–45 Jahren. Im Vereinigten Königreich ist jede fünfte Krankenschwester über 50 und fast jede zweite über 40 Jahre alt; nach manchen Prognosen werden 2010–2011 bereits 14 000 qualifizierte Krankenschwestern fehlen. Im kommenden Jahrzehnt werden in den Niederlanden 7000, in Norwegen 3300 und in der Schweiz 3000 Krankenschwestern zusätzlich benötigt.
Auch wenn es immer schon Wanderungsbewegungen des Gesundheitspersonals gab, so tritt das Thema mit der Erweiterung der Europäischen Union deutlicher in Erscheinung. Viele Länder in der Mitte und im Osten der Region können das von ihnen ausgebildete Gesundheitspersonal nicht halten und ihre Forderung nach ethischen Leitlinien für die internationale Anwerbung von Gesundheitspersonal wird lauter. Gleichzeitig werben Länder aus dem Westen der Region aktiv Mitarbeiter des Gesundheitswesens der anderen Länder an. In den letzten 30 Jahren hat die Zahl der im Ausland ausgebildeten Gesundheitsfachkräfte im Westen der Region beträchtlich zugenommen. Zwischen 1970 und 2005 stieg zum Beispiel ihr Anteil in Frankreich und den Niederlanden von 1 auf 6% und in Dänemark von 3 auf 11%.
Die Bewältigung dieser sich noch verschärfenden personalpolitischen Misere im Gesundheitswesen erfordert funktionierende Gesundheitssysteme, die sich an die geänderten Umstände anpassen können, sowie ein integriertes Vorgehen der Region. Durch die Erörterungen des Regionalkomitees wird die Thematik in den weiteren Kontext der Gesundheitssysteme gerückt, welche auch Gegenstand der Europäischen Ministerkonferenz der WHO sind, die unter dem Motto „Gesundheitssysteme, Gesundheit und Wohlstand“ vom 25. bis 27. Juni 2008 im estnischen Tallinn stattfindet.
Weitere Themen des Regionalkomitees
Auf der Tagung wird auch die Annahme des zweiten Europäischen Aktionsplans Nahrung und Ernährung verhandelt. Die Delegationen werden den für 2007–2012 vorgeschlagenen Plan und detaillierte Empfehlungen zur Bewältigung der Adipositas-Epidemie ebenso wie die Problembereiche Unterernährung und Verfügbarkeit bezahlbarer gesunder Lebensmittel erörtern.
Auf halbem Weg bis zum Stichjahr 2015 wird das Regionalkomitee außerdem die in der Europäischen Region seit 2000 in Hinblick auf die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen erzielten Fortschritte prüfen. Voraussichtlich werden die Delegationen eine Resolution annehmen, die zu größeren Anstrengungen für ein Erreichen der Ziele aufruft. Die bei den gesundheitsbezogenen Zielen bislang erzielten Fortschritte sind zwar insgesamt ermutigend, doch sind sie auch uneinheitlich und unvollständig: Das Fehlen gut funktionierender starker Gesundheitssysteme erweist sich als ein großes Hindernis. Die HIV/Aids-Epidemie greift nirgendwo sonst auf der Welt so schnell um sich wie in der Mitte und im Osten der Region und die Tuberkuloseraten verharren auf hohem Niveau. Obwohl die Kindersterblichkeit seit 1995 insgesamt von 45 auf 36 pro 1000 Lebendgeburten fiel, sind die Fortschritte in einigen Ländern der Region zu spärlich. Mehr als 1000 Frauen sterben jedes Jahr während der Schwangerschaft oder bei der Geburt. Auch die Versorgung der an den Rand der Gesellschaft gedrängten und für Krankheiten besonders anfälligen Bevölkerungsgruppen fordert das Gesundheitswesen weiterhin heraus.
Pressetermine
Die Presse ist zu folgenden Veranstaltungen eingeladen:
* Eröffnungspressekonferenz des WHO-Regionalbüros für Europa und des Gesundheitsministeriums der Republik Serbien, Montag, 17. September, 12.30 Uhr
* Abschlusspressekonferenz, Donnerstag, 20. September, 12.30 Uhr.
Beide Pressekonferenzen finden in der serbischen Nationalversammlung statt (Anschrift: Trg Nikole Pasica 13, 11000 Belgrad)
Der serbische Präsident Boris Tadi? und die WHO-Generaldirektorin Dr. Margaret Chan werden sich am Dienstag, dem 18. September gegen 09.00 Uhr an das Regionalkomitee wenden.
Für Akkreditierungsfragen und weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an:
Liuba Negru
Presse- und Medienbeziehungen
WHO-Regionalbüro für Europa
Scherfigsvej 8, DK-2100 Kopenhagen Ø, Dänemark
Tel.: + 45 39 17 13 44
Fax: + 45 39 17 18 80
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