Ref. :  000023649
Date :  2006-04-15
langue :  Allemand
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Philosophie der Mondialisierungen und Mondialisierung der Philosophie


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« Obgleich dieser Staatskörper für itzt noch sehr im rohen Entwurfe dasteht, so fängt sich dennoch schon ein Gefühl in allen [zukünftigen] Gliedern, deren jedem an der Erhaltung des Ganzen gelegen ist, an zu regen ; und dieses gibt Hoffnung dass, nach manchen Revolutionen der Umbildung, endlich das, was die Natur zur höchsten Absicht hat, ein weltbürgerlicher Zustand, als der Schoß, worin alle ursprüngliche Anlagen der Menschengattung entwickelt werden, dereinst einmal zu Stande kommen werde. »

Immanuel Kant, Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht





1. Von der Mondialisierung der Philosophie…

Eine Philosophie der Mondialiserungen tut gut daran darüber nachzudenken, in welchem Sinne sie selbst als Philosophie – von der Antike bis zur Gegenwart – Gegenstand einer Mondialisierung gewesen ist. Denn will Philosophie in der Lage sein, mondial zu denken bzw. ein mondiales Denken zu ermöglichen – als Philosophie, die eine Teilhabe anbietet, als Philosophie, die ein Paradigma bereitstellt, das in der Lage wäre, die heute eher lahmende internationale Debatte auf eine erfolgversprechende Basis zu stellen, dann muss sie sich auch mit den Modalitäten ihrer eigenen Mondialisierung befassen, und nach Konsequenzen wie auch Optionen fragen, die sich für eine mondialisierte Philosophie zukünftig – in Forschung und Lehre – ergeben. Neben einer ‘Philosophie der Geschichte der Mondialisierungen’, die mit jedem Tag unverzichtbarer scheint – von Hegel bis Jacques Le Goff - wäre daher auch eine eigenständige ‘Geschichte der Mondialisierung der Philosophie’ überaus wünschenswert(1). Tatsächlich hätte eine solche Geschichte – die sicherlich nicht am Nullpunkt anfangen müsste – nicht nur historischen Wert oder wäre nur eine Begleitung des eigentlichen philosophischen Projekts. Im Gegenteil : sie hätte einen zentralen Platz einzunehmen, sowohl hinsichtlich der Entwicklung der Philosophie selbst als auch hinsichtlich deren Rolle für das kosmopolitische Denken im Allgemeinen – in einer Tradition, die von Aristoteles über Kant bis Habermas reicht.
Jenseits der allgemeinen Feststellung, dass jede Disziplin heute deutlicher Fortschritte hinsichtlich des Denkens ihrer je eigenen Mondialisierung bedarf, Formen und Inhalte betreffend, gilt für die Philosophie im Besonderen zu klären, in welchem Verhältnis sie zu ihrem eigenen Konzept von Welt (Monde) und, daran anschließend, der Mondialisierung steht.
Aus einer historischen Analyse der Mondialisierungen der Philosophie von der Antike an über Mittelalter, Renaissance und Moderne bis in die Gegenwart (2) könnten einige Lehren gezogen werden, die auch für die Mondialisierungen anderer Bereiche interessant wären. Denn die Art und Weise, in der die Philosophie sich entwickelt, ihre Formen gefunden, sich institutionalisiert und verbreitet hat – trotz aller Hindernisse in Zeit und Raum und jenseits der ökonomischen Globalisierung – stellt an sich schon eine bemerkenswerte mondialisierende Bewegung dar – die in all ihren Konsequenzen zu untersuchen wäre. Die Weise, in der sie jegliche Art von Grenzen überschritten und Eingang in Gesellschaften gefunden hat, die eigentlich keinen Grund hatten, ihr a priori mit Sympathie entgegenzutreten, wie sie sich als Disziplin und Lehre einen Respekt erwarb, der ideologische, politische und kulturelle Spaltungen zu überwinden vermochte : Das alles zusammengenommen stellt für jedes Mondialisierungsprojekt ein wertvolles Beispiel dar.
Die Philosophie hat sich erfolgreich mondialisiert – ohne dass dies evident und im vorhinein gesichert gewesen wäre. Es reicht, ein weiteres Mal an die Feindschaft zu erinnern, die Sokrates entgegengebracht wurde – bis hin zu Gefangenschaft und Tod – , um zu ermessen, dass ein solches Schicksal die Philosophie auch im Ganzen hätte treffen können. Doch trotz des Todes von Sokrates, trotz der unzähligen und vielfältigen Schwierigkeiten, denen Philosophen sich seither bei Ausübung ihrer Tätigkeit ausgesetzt sahen, hat die Philosophie ihren Weg inmitten unterschiedlicher Welten fortgesetzt und sich dabei, in verschiedenen und zuweilen komplementären Wellen, mondialsiert.


2. … zur Philosophie der Mondialisierungen?

Die Mondialisierung der Philosophie war nicht einfach gegeben, sie ist entstanden und hat dabei ihre eigene Effektivität entwickelt. Mehr noch : sie verstummt nicht, sie gibt nicht auf, sondern sie schreitet fort, trotz all der sozialen, administrativen, und politischen Hemmnisse, der immer neuen Behinderungen ihrer freien Ausübung, der immer und überall Kräfte entgegenstehen, die eine freie Philosophie nicht woll(t)en. Sie hat durch das Vorantreiben einer Teilhabe am Denken einen mondialen Weg zurückgelegt, mit der Besonderheit, auf diesem Weg nur ein Minimum an strategischer Absprache mit politischen, ökonomischen, intellektuellen oder kulturellen Machthabern gesucht zu haben und, so bleibt zu unterstreichen, sich fernzuhalten vermochte von den ‘Zwängen des Marktes’, dem ‘Gesetz des Marktes’, sei es im Feld der Finanz-, Handels-, Verlags- oder Ausbildungsmärkte. Die Kompromittierungen erwiesen sich als marginal (trotz der üblichen Klagen der Wissenschaftlergemeinschaft, die allen Disziplinen und Wissenschaften zu eigen ist), die Philosophie blieb Philosophie von Jahrtausend zu Jahrtausend, was an sich schon eine Leistung darstellt, und sie blieb es ohne dass ihre Identität, ihre Würde, ihre Unbeugsamkeit im Kern bedroht gewesen wäre. Im Gegenteil, wenn man es als Anerkennung ausdrückt, könnte man sagen, dass sie « wirklich gut dasteht », hier und heute.
Allerdings steckt in dieser Geschichte mehr als eine nur symbolische Dimension. Denn es tritt noch etwas anderes zu Tage als das Paradigma der philosophischen Teilhabe im Sinne eines mitteilenden Denkens. Und das ist die Idee, die Mondialisierung der Philosophie zum Modell aller Mondialisierungen zu machen – seien sie wissenschaftlicher, künstlerischer, sozialer, politischer oder humanitärer Art – aller Mondialisierungen also, die sich außerhalb des Marktes vollziehen, in dem Sinne, dass sie für sich reklamieren, nicht vorgegebenen Marktgesetzen untergeordnet zu werden. Es geht also darum, die Mondialisierung der Philosophie zum Vorbild zu nehmen, weil sie es, ohne übermäßige Zugeständnisse ihr ureigenes Feld betreffend gemacht haben zu müssen und dabei stetig im Modus des mitteilenden Denkens vorangeschritten ist (3) – vermochte, Mondialisierung ‚zu machen’(4).
Vor diesem Hintergrund sollte die Philosophie nicht ihre übliche Zurückhaltung an den Tag legen. Denn, und das ist zu unterstreichen, die anderen Wissenschaften, Disziplinen und Tätigkeitsfelder warten heute nicht nur auf tragfähige und hilfreiche Ansätze, die an die Stelle untauglicher Mondialisierungs-Konzepte treten könnten. Sie zählen ebenso darauf, am Beispiel gelungener Mondialisierungen anschaulich zu erfahren, dass andere Mondialisierungen möglich sind als jene, die heute massiv die Bühne des aktuelle Geschehens dominieren – Mondialisierungen somit, die nach anderen Spielregeln, mit anderen Funktionsmechanismen ablaufen, die auf andere Ziele hin und zu anderen Konsequenzen führen. Wenn also die Philosophie mit etwas Selbstbewusstsein zu ihrer Geschichte steht – was sie unzweifelhaft könnte – sollte sie auch das Anliegen verfolgen, soweit als möglich das Positive dieser Geschichte zu vermitteln und als ernsthafte Alternative dafür anbieten, was Mondialisierung und ‘sich mondialisieren’ heißen kann. Sie würde dann, indem sie ihre eigene Geschichte als ein jahrtausendealtes Experimentieren mit Mondialisierungen in den Blick nimmt, darauf zielen, ein Konzept von Mondialisierungen zu entwickeln, das über sie hinaus und in andere Disziplinen wie Geschichte und Anthropologie hinein weist.


3. Die Bildung einer wirklich kritischen Beurteilung der Mondialisierungen möglich machen

Das Projekt – noch unbestimmt, komplex, anspruchsvoll – einer Philosophie der Mondialisierungen wäre nicht mit dem einer – auf instrumentellen Nutzen und Marktgängigkeit zielenden (5) – Philosophie der Mondialisierung gleichzusetzen.(6) Letztere würde Philosophie in den Dienst soziopolitischer Ziele stellen, kurz : sie wäre das philosophische Deckmäntelchen für eine ökonomische Praxis, die auf einen globalen Maßstab zielt. ‘ Philosophie der Mondialisierung’ das heißt, die philosophische Tradition, ihren wissenschaftlichen Apparat, ihre Methoden und Werte in den Dienst eines Projekts der Ökonomisierung und Privatisierung der Welt (bzw. deren Erweiterung und Entwicklung) zu stellen. Das wäre nichts anderes als eine ‘Mondialisierung der Philosophie’, die man reduziert auf den Prozess der Dienstbarmachung und Vermarktung philosophischer Konzepte – unter Preisgabe ihrer Eigenart als Philosophie – im Dienste anderer Projekte. Das kann natürlich passieren – und es ist in gewisser Weise bereits Realität.
Die These die ich hier verteidigen möchte, zielt jedoch in die andere Richtung. Denn der Plural der ‘Philosophie der Mondialisierungen’ hat schlichtweg nichts zu tun mit einer derartigen instrumentellen ‘Philosophie der Mondialisierung’. Um es genau zu sagen fordert das Projekt einer Philosophie der Mondialisierungen die Philosophie als Philosophie – ohne Beschränkung und Kompromiss. Und dieses Projekt beansprucht, etwas zu seiner Sache zu machen, das weder Spielerei noch Provokation, keine reine intellektuelle Bastelei oder bloße Kampfmaschine ist, sondern etwas aufgreift, was heute höchster Aufmerksamkeit bedarf: das Aufeinandertreffen und Zusammenspiel von sich immer schneller verändernden übergeordneten Welten (reellen, virtuellen, imaginären, symbolischen), der humanen Welt und der Erde [orig.: mondes terrien]. Die Welt der privatisierenden Mondialisierungen und der Teilhabe stiftenden Mondialisierungen: Das ist der Gegenstand eines philosophischen Denkens, welches man als ‘Philosophie der Mondialisierungen’ bezeichnen könnte und von der ich von nun an ohne Anführungszeichen sprechen möchte.
Und diese Aufhebung der Anführungszeichen ist wirklich herbeizuwünschen, denn die Philosophie der Mondialisierungen ist nicht nur kein verzichtbares Extra – im Sinne einer Liebhaberei neben anderen – sondern vielmehr aufgrund ihrer Problemstellung und als Philosophie in Zeiten extremer Konfusion angesichts dessen, was ‘die Welt’ bewegt (7) (Terrorismus, Kommunitarismus, wiedererstarkender Nationalismus, ökologische Probleme, wachsende Armut etc.) schlichtweg unverzichtbar. Das Unternehmen, um das es geht, kann daher nicht darauf beschränkt bleiben, eine neue und einige alte Schublade(n) im großen Vorratsschrank der Philosophie aufzumachen. Das Zusammentragen der Möglichkeitsbedingungen einer Philosophie der Mondialisierungen, die Bestimmung ihrer Fundamente, machen es für die philosophische Gemeinschaft zur Pflicht, einen entscheidenden Schritt weiter zu gehen und zwar jenen, der eine solche Philosophie auch im weltumspannenden Maßstab voran treibt. An anderer Stelle habe ich auf die bedeutenden und wenig umstrittenen Gründe verwiesen, die für eine solche Ausweitung sprechen (8). Ich möchte das hier bekräftigen. Das ‘Weitergehen’ lässt sich deshalb wie folgt zusammenfassen: es geht darum, die Ausarbeitung und weltweite Verbreitung einer Philosophie der Mondialisierungen zu einem unübersehbaren Projekt zu machen.
Warum ? Weil die ‘großen Fragen der Welt’(9) , die heute zur Klärung anstehen, nicht mehr in den engen disziplinären Grenzen und der sektoriellen Spezialisierung (10) zu klären sind, in denen man sie heute verhandelt. Was das Verständnis von und die Auseinandersetzung mit diesen groben Fragen angeht sind wir schlichtweg seit einem viertel Jahrhundert regrediert, während die ökonomische und finanzielle Globalisierung zeitgleich ungehindert vorangeschritten ist. Die ‘großen Antworten’ auf die ‘großen Fragen’, die man von der UNO, anderen multilateralen Kontexten oder den neuen Organisationsformen der Zivilgesellschaft (11) erhoffen könnte, diese ‘großen Antworten’ gibt es heute nicht, ganz im Gegenteil. Die Verschlechterung der Lebensbedingungen einer Mehrheit der Bewohner des Planeten (hinsichtlich der Ernährung, der sanitären Versorgung, der sozialen und finanziellen Situation) sowie der Menschheit insgesamt (angesichts der dramatischen Umweltprobleme) (12) hat sich bis zu einem Punkt hin beschleunigt an dem selbst moderate Experten sie für unkontrollierbar halten – trotz aller juridischen und politischen Bekenntnisse zur Einrichtung einer veritablen ‘global governance’, die sie zu bewältigen verspricht (13). Daher ist es zu einer jenseits ideologischer, politischer oder kultureller Differenzen geteilten Überzeugung einer Mehrheit der kosmopolitischen Bürger geworden, dass es höchste Zeit dafür ist, sich neue Konzepte für den gegenwärtigen mondialen Wandel auszudenken und neue konzeptuelle Instrumente für deren Analyse, Interpretation und Kontrolle ins Werk zu setzen.
Wenn auch die Philosophie de facto nicht dazu berufen ist, fertige Heilmittel für die Übel ihrer Zeit bereitzustellen (« Du bist nicht besser als Deine Zeit » schrieb der junge Hegel) ; ist sie dennoch in besonderem Maße dazu berufen, höchsten Einsatz zu zeigen wenn es darum geht, die relevanten Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen, um ihre Zeit auf den Begriff zu bringen wie Hegel ebenfalls schrieb – und das vor allem dann, wenn die Zukunft der Menschheit in Gefahr scheint. Wenn sie dabei angesichts der langen Liste ungelöster Probleme, von denen heute Tag für Tag in den Nachrichten die Rede ist, auch keinen simplen Ausweg anzubieten hat, so ist sie doch in der Lage, ihre Werkzeuge des kritischen Denkens anzubieten sowie ihre besondere Kompetenz einzubringen, die verschiedenen, ihr selbst äußeren Disziplinen in einen Zusammenhang zu bringen, indem sie Verbindungslinien zwischen ihnen herstellt (angefangen bei der Anthropologie und der Geschichte aber auch zwischen der Soziologie, der Psychologie, der Semiologie, der Ökonomie, der Politikwissenschaft und der Kommunikationswissenschaften).
Das also sind ihre beiden Trümpfe – zum ersten, besondere Werkzeuge kritischen Denkens zu haben, zum anderen, eine besondere Fähigkeit, andere Disziplinen in Zusammenhang zu bringen – die erwarten lassen, dass die Philosophie mit Bezug auf die Mondialisierungen eine besondere Rolle einnehmen kann, die keine andere Disziplin an ihrer Stelle zu übernehmen in der Lage wäre.

Es geht also für eine Philosophie der Mondialisierungen in meinen Augen darum

a) die verschiedenen, z.T. konfliktuellen Formen der Mondialisierungen in Geschichte und Gegenwart vernünftig zu rekonstruieren, sodass jede dieser Mondialisierungen sich mit Blick auf ihre Wechselwirkungen zu anderen geklärt sieht und die Art der Konflikte zwischen diesen Mondialisierungen Eingang findet in die Geschichte und die Geschichte des Denkens;
b) diesen Mondialisierungen Herkunft, Ursachen, Geschichte, Orte und Besonderheiten zuzuweisen, ohne dass diese hinter dem Schlagwort der ‘Globalisierung’ verschwinden, auf das sie heute weiterhin Tag für Tag von den dominierenden Medien enggeführt werden – denn dieser ‘Globalisierungs’-Diskurs betrachtet nur eine – die ökonomische – Mondialisierung als Faktum, und ist vereinheitlichend und gleichmachend, indem er jegliche andere Dimension der Mondialisierungen der einen unterordnet,
und schließlich
c) es allen Bürgern möglich zu machen – und nicht nur den Philosophen – eine im substantiellen Sinne kritische Urteilsfähigkeit die Mondialisierungen betreffend auszubilden, die jene Filter und Raster ideologischer Analysen bloßstellt, die heute so oft eine angemessene Wahrnehmung und ein echtes Verständnis dessen verstellen, was Mondialisierungen sind; eine Urteilsfähigkeit also, die dazu taugt, Mondialisierungen tiefenscharf in den Blick zu nehmen, um sowohl die effektiven Bedrohungen zu ermessen, die von ihnen ausgehen, als auch die Chancen für ein geteiltes Miteinander zu prüfen, die sie für die Menschheit bieten.


Aus dem Französischen von Jens Badura




Anmerkungen:

(1) Eine solche Geschichte der Mondialisierung der Philosophie ist das zentrale Thema des ‘philosophischen Romans’ Sphären II von Peter Sloterdijk.
(2) Vgl. dazu den Artikel von Yves Laberge : « La mondialisation de la philosophie : la réappropriation des idées selon les cultures. L'exemple de Gaston Bachelard » (Laberge 2003).
(3) Vgl. zu diesem Thema auch den schönen Text der Philosophin Tanaella Boni « L’inégal partage des savoirs » Boni 2001) wie auch ihren Artikel ‘Partage des savoirs » für das « Dictionnaire critique de la mondialisation » (Boni 2002). Hervorzuheben ist dabei insbesondere die im ersten der genannten Texte gegebene Definition und Erweiterung der Idee von Teilhabe : « Wir müssen zeigen, dass es andere Typen von Teilhabe gibt, die sich nicht auf das Problem der Verteilung oder der Aufteilung zwischen arm und reich reduzieren lassen. (…) Wenn wir heute feststellen müssen, dass es eine Ungleichverteilung von Wissen gibt, dann deshalb, weil die Teilhabe am Wissen als eines gemeinsamen Gutes der Menschheit noch nicht verwirlicht ist. Was zählt ein Wissen, das weder gesehen noch anerkannt ist, das nicht mit anderem Wissen in Dialog treten kann ? ».
(4) « Die Bedingung für eine gelungene Mondialisierung ist der Erhalt und die Stärkung der Diversität von Identitäten und Kulturen. Für konstruktive Debatten bedarf es ausgeprägter Persönlichkeiten. Soll das Weltkulturerbe nicht verarmen, so darf es nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert werden. Im Gegenteil, es werden Beiträge benötigt, um die Debatte anzureichern – und die Qualität dieser Beiträge hängt meist davon ab, in welchem Ausmaß die Beiträger in ihrer Kultur verwurzelt sind [und dadurch starke Persönlichkeiten werden, Anm. d. Herausgebers]. » Lucien Bouchard, Premierminister von Québec, Festvortrag anlässlich der 14. Konferenz der francophonen Völker (Jonquière, Québec, 19 août 1997).
(5) Im Sinne des verkaufsfördernden Marketing, wie es im ökonomischen, sozialen und politischen Kontext zur Anwendung kommt.
(6) Vgl. dazu Guèye 2000 und Badji 2003.
(7) « Hinsichtlich der Entwicklung des internationalen Systems ist die wohl plausibelste Hypothese jene einer Zunahme der hegemonialen Rolle der Vereinigten Staaten bei der Regelung weltpolitischer Angelegenheiten, anlässlich des Kampfes gegen den Terrorismus. Diese Verstärkung wirkt sich zuweilen als Schwächung der Souveränität eines Großteils der anderen Länder aus und, hinsichtlich der territorialen Dimension, als Ausweitung der militärischen Präsenz der USA. Drei Mechanismen des ‘Aufruf des Imperiums’ könnten sich zudem auf mittlere oder lange Sicht entwickeln: Zunächst könnte man eine Internationalisierung der amerikanischen Staatspolitik erwarten. Durch ein Bewusstsein davon, dass die Verteidigung der USA gegen deterritorialisierte terroristische Netzwerke immer mehr davon abhängt, was sich im Inneren anderer Staaten abspielt – sei es in der entwickelten Welt (vorübergehender Aufenthalt der Terroristen in Hamburg oder London) oder in den Entwicklungsländern (Ausbildung und Kontaktzentren in Pakistan) ist es gewiss, dass die Alliierten Washingtons stärkerem Druck ausgesetzt sein werden. Die Natur der terroristischen Bedrohung und des Kriegs gegen sie wird unvermeidlich eine Entwicklung des internationalen Systems hin zu einer größeren Konfusion zwischen zwischenstaatlicher und interner Politik zur Folge haben. » (Justin Vaisse 2001). Es bleibt anzumerken, dass sich der Autor bei dieser schon älteren Diagnose kaum getäuscht hat
(8) « Was es zu deprivatisieren gilt, ist das Konzept der Mondialisierung selbst, ein exklusiv ökonomisch-politisches Konzept, das man monotheistisch nennen könnte und für das es nur eine (gleichförmige) Bewegung gibt: dass die Ökonomie sich in alle anderen Bereiche menschlicher Aktivitäten verbreitet. Man kann sich vorstellen, dass diese Deprivatisierung andere Wege beschreiten muss als jene, die darin bestehen, einen Ansturm mit Pro- oder Kontra-Argumenten zu starten. Vielmehr ist an den unterschiedlichsten Orten zu zeigen, dass jenes von Politik, Managern und Medien als die ‘Mondialisierung’ dargestellte Phänomen als eine ‘Privatisierung der Welt’ zu requalifizieren wäre. Sodann sind jene anderen Formen der Mondialisierung sichtbar und nachvollziehbar zu machen, die heute stattfinden, Formen die, im Unterschied zu der verkürzten Version, einem Prinzip der ‘Teilhabe an der Welt’ folgen (z.B. die internationale Mobilisierung von Bürgern hinsichtlich bestimmter individueller oder kollektiver Angelegenheiten, die Veränderung des Austauschs innerhalb der scientific communities bezüglich ihrer gemeinsamen Forschungsgegenstände, die Verbreitung und der Austausch von vergessenem, unterdrücktem oder schlicht noch nicht bekannt gewordenem Kulturerbe etc.). Schließlich geht es darum, Mondialisierungen zu denken, das heißt sie zum Thema eines komplexen, vielfältigen, evolutiven, gegenüber differentiellen Prozessen offenen Denkens zu machen (von der Mondialisierung der Umweltbewegung hin zu jener des Kinos über jene des Kleidergeschmacks und der Stadtpolitiken) und sich dabei verschiedenen Entwicklungsstadien auszusetzen (schon erreichte, solche, die im Gange sind und jene, die noch nicht begonnen haben) von denen wir noch sehr wenig wissen; die Früchte dieser Überlegungen, das liegt auf der Hand, werden von evidentem Nutzen für alle Pädagogen und Politiker sein" (de Bernard 2001a).
(9) « Der Spielraum, den wir für den Großteil der großen Fragen der Welt lassen ist eng: sogleich muss reagiert werden, mit Zielvorgaben im 20-Jahres-Zeitraum, nicht einmal ein halbes Jahrhundert. Was denkt man nur hinsichtlich der Erderwärmung, der erschöpften Fischgründe, Pandemien, des beunruhigenden Erfolgs der synthetischen Drogen, des Erfolgs der bislang unkontrollierbaren Biotechnologie?" (Rischard 2003)
(10) Das ist, wie man weiß, ein Thema von Edgar Morin: « Die Hyperspezialisierung des Wissens, die darin besteht, aus der Realität einen einzelnen Aspekt herauszuschneiden, kann erhebliche menschliche und praktische Konsequenzen haben (…). Sie trägt auch dazu bei, Bürger ihrer politischen Entscheidungsmacht zu berauben und diese an Experten zu übertragen (…) Die Reform des Wissens lehrt, der Komplexität unter Inanspruchnahme von Konzepten entgegenzutreten, die in der Lage sind, die verschiedenen Wissensformen zusammenzuführen, die am Ende des 20. Jahrhunderts zu unserer Verfügung stehen. Sie wird in dem Moment entscheidend, in dem es angesichts einer planetaren Ära unmöglich und künstlich geworden ist, ein wichtiges Problem im nationalen Maßstab isolieren zu wollen. Diese Reform des Denkens, die ihrerseits einer Reform der Erziehung bedarf, ist aber nirgendwo schon in Gang, obwohl sie überall notwendig wäre." (Morin 1997)
(11) Vgl. dazu de Bernard 2001b.
(12) Das UNO Hochkommissariat für Flüchtlinge (HCR) hat im Bericht « Zur Lage der Flüchtlinge in der Welt » von 1993 vier Hauptursachen für die Flüchtlingsströme ausgemacht: Politische Instabilität, ökonomische Spannungen, Ethnische Konflikte und Umweltzerstörung. Vgl. Lonergan/Swain 1999.
(13) Der normative Diskurs diesen Punkt betreffend wird durch die folgende Deklaration illustriert: « Lösungen für die zahlreichen Probleme, denen sich die internationale Gemeinschaft heute ausgesetzt sieht, können nur mittels einer ausgeweiteten und intensiveren internationalen Kooperation gefunden werden. Und diese wird nicht möglich sein ohne eine ernstzunehmende ‘global governance’, die auf internationalen, demokratisch kontrollierten Institutionen basiert und dem Interesse der größten Zahl, nicht aber dem einiger weniger dient.» (Ryder 2004)


Literatur:

- Badji, M. L. (2003) : « Philosophie de la mondialisation : l’Afrique a besoin de repères », Le Soleil, Dakar, 24 juin.
- Boni, Tanella (2001) : « L'inégal partage des savoirs » In : www.mondialisations.org, 3 janvier 2001.
- Boni, Tanella (2002) : « Partage des savoirs » In : de Bernard, F. (Hg.) Dictionnaire critique de la mondialisation , Le Pré aux Clercs, Paris, S. 282-285
- de Bernard, François (2001a) : « Pour une ''philosophie des mondialisations'' » Libération, Paris, 16 janvier.
- de Bernard, François (2001b) : « Le Palimpseste de Gênes: Pour une Organisation de la Société Civile Internationale », Libération, Paris, 19 juillet.
- Guèye, Sémou Pathé (2000) « Le projet d'une "philosophie de la mondialisation" », in Éthiopiques, Revue Négro-Africaine de Littérature et de Philosophie, Dakar, n.o 64/65.
- Laberge, Yves (2003) : « La mondialisation de la philosophie : la réappropriation des idées selon les cultures. L'exemple de Gaston Bachelard », in Laval théologique et philosophique, 59 (3):535-540.
- Lonergan, Steve / Swain, Ashok (1999) « La dégradation de l’environnement et le déplacement des populations », Projet sur les Changements environnementaux à l’échelle planétaire et la sécurité humaine, Aviso, n° 2.
- Morin, Edgar (1997) : Entretien avec A. Rapin, Label France n°28, Paris, juillet 1997.
- Rischard, Jean-François (2003) 20 défis pour la planète, 20 ans pour y faire face, Actes Sud, Arles.
- Ryder, Guy (Generalsekretär der Gewerkschaft CISL) (2004), Weltsozialforum Mumbai (Inde), Erklärung vom 15 janvier 2004.
- Sloterdijk, Peter (1999) : Sphären II : Globen, Frankfurt/M., Suhrkamp.
- Vaisse, Justin (2001) « L’hyper-puissance au défi de l’hyper-terrorisme », Brookings Institution, USA, 1. Oktober.




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