Ref. :  000002044
Date :  2001-11-09
langue :  Allemand
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Ziele und Fragestellungen der Vierten WTO-Ministerkonferenz in Dauha, Katar.

Source :  GERM


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Einführung


Nach dem Scheitern des Gipfels von Seattle(1) im Dezember 1999 versammeln sich die Vertreter von 142 Staaten in Dauha, in Katar, vom 9. bis zum 13 November, aus Anlass der vierten Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation(WTO) (2). Zur gleichen Zeit demonstrieren, insbesondere in Washington, Ottawa und in Beirut, hunderttausende Personen gegen die Praktiken einer Organisation, deren Repräsentativität sie in Frage stellen. In Katar soll die WTO die wichtigsten Fragen wiederaufgreifen, die in Seattle nicht gelöst wurden. Das Treffen in Seattle hatte in die Verhandlungen über die sogenannten nicht-kommerziellen Fragen eingeführt, wie jene nach sozialen Normen und Umweltstandards. Dies war eine wesentliche Neuheit und deutlich unterstrichen. Dennoch haben gerade diese Punkte von neuem einen Gegensatz zwischen Nord und Süd hervorgerufen. Man findet diese Diskussionspunkte in Katar wieder vor, sowie zahlreiche andere Themen, unter anderem der Eintritt Chinas in die WTO.

Neben diesen Überlegungen findet das Treffen von Dauha in einer international wirtschaftlich und politisch äußerst instabilen Atmosphäre statt. In der Tat haben die Terroranschläge auf die USA eine bereits laufende Rezession weiter verstärkt. In ihrem Jahresbericht für 2001 warnt die WTO, dass das Wachstumsvolumen dieses Jahr 2% nicht übersteigen werde, was einen deutlichen Rückgang im Vergleich zu 12% des Vorjahres darstellt. Darüber hinaus warnen einige Experten vor der Gefahr, eine so wichtige Konferenz in der aktuellen Kriegslage und in so unmittelbarer Nähe zu den Spannungsgebieten (Irak, Afghanistan) durchzuführen. Andere Beobachter begrüßen jedoch die Entscheidung, gerade jetzt diese Konferenz stattfinden zu lassen, und unterstreichen die Dringlichkeit, die Weltwirtschaft wieder anzukurbeln.

So gibt es eine doppelte Ambition für die Mitgliederstaaten: Auf der einen Seite einen Konsens für einen Plan zu finden, welcher als Rahmen für die Verhandlungen der kommenden Jahre dienen kann und in der Lage ist, die Weltwirtschaft wieder anzukurbeln und auf der anderen Seite der Multilateralität in einer schwierigen globalen Situation wieder zu ihrer Legitimität zu verhelfen.

I - Themen und Ziele der vierten WTO-Ministerkonferenz



A) Themen :

Die wirtschaftliche Globalisierung ist ein altes Phänomen, welches dank der technologischen Fortschritte und der der Ausweitung des internationalen Warenaustausches in letzter Zeit ein wirklich globales Ausmaß angenommen hat und dies sowohl geografisch als auch bezüglich Themen jenseits der Wirtschaft. In der Tat haben die Handelsbeziehungen immer mehr Auswirkungen auf die soziale Sphäre, die Umwelt, die Gesundheit, die Kultur, auf den Lebensstil etc. Das wirft große Probleme auf und ruft berechtigte Sorgen in der Bevölkerung hervor, vor allem hinsichtlich der Umwelt- und sozialen Probleme, dem Arbeitsplätzeverlust, der wachsenden Kluft zwischen den armen und reichen Ländern, der kulturellen Uniformisierung und der Aufweichung der nationalen Souveränität. Ebenso bestätigt sich die Notwendigkeit einer internationalen Regulierungsinstanz, die in der Lage ist, allen den Handel betreffenden Problemen gerecht zu werden und zu zeigen, dass die Globalisierung noch regierbar ist.

Die WTO als regulierende Instanz für den Welthandel scheint die einzige Organisation mit der notwendigen Macht und Legitimität für eine solche Steuerung der Globalisierung zu sein. In der Tat, die WTO ist bereits von 142 Staaten(3) anerkannt und verfügt mittels ihrer Schiedsinstanz - dem Dispute Settlement Understanding (DSU)(4) - über eine supranationale normative Kompetenz. Muss man deshalb die WTO allein die Welt in allen ihren Belangen führen lassen, eben wegen der gegebenen Wechselwirkung zwischen Handel auf der einen Seite und Umwelt, sozialen Normen, Entwicklung und dem Gesundheitswesen auf der anderen? Diese Frage wirft zwei Probleme auf: Berücksichtigt die WTO nicht alle mit dem internationalen Handel verbundenen Ebenen, riskiert sie Normen aufzustellen, die unvereinbar mit Umwelt, Gesundheitswesen, der Entwicklung der ärmeren Staaten etc. sind. Wenn sie dagegen ihre Kompetenzen ausweitet und als „Universalrichter“ aller auftauchenden Fragen auftritt, so schiene die gesamte menschliche Aktivität von der Wirtschaft regiert. Einem solchen Widerspruch gegenüberstehend wird die WTO oft aufgefordert, sich auf zwei Rollen zu beschränken: in Handelsangelegenheiten normativ zu handeln und auf den anderen Gebieten von den Normen ausgehend zu beschließen, die von den zuständigen internationalen Organen (IWO für die Arbeit, PNUD für Entwicklung, WHO für die Gesundheit, FAO für Ernährung und Landwirtschaft etc.) entwickelt werden.

Nach dem Scheitern von Seattle ist die WTO nun gezwungen, einen Konsens zwischen den USA, der EU und den Entwicklungsländern (EL) herbeizuführen, um dem multilateralen Handeln eine neue Legitimation zu geben. Dies bleibt eine schwierige Aufgabe, wenn man sich den enormen Dissens zwischen Nord und Süd in so sensiblen Themen wie Sozialnormen, Umwelt, Entwicklungshilfe vor Augen führt. Die wesentlichen Divergenzen verbleiben ebenfalls zwischen den USA und der EU, insbesondere in den so unterschiedlichen Bereichen wie Landwirtschaft oder dem audiovisuellen Bereich. Konfrontiert mit wachsenden und legitimen Ansprüchen der öffentlichen Meinung muss die WTO ebenfalls ihre Transparenz steigern. Das schließt auch einen freien Zugang zu den Informationsdiensten und Arbeitsdokumenten der Verhandelnden ein.

B) Ziele :

a) Die Built-in Agenda
Ergebnis des in Marrakesch 1994 definierten „Minimalprogramms“, in Seattle 1999 wiederaufgenommen, soll die Agenda nun einer erneuten Prüfung unterzogen werden. Sie betrifft die Verhandlungen über die Vereinbarungen insbesondere zu Landwirtschaft und Dienstleistungen.

- Landwirtschaft:

Die Landwirtschaft ist eines der wichtigsten Felder, aber auch eine der konfliktreichsten Verhandlungen innerhalb der WTO. Die USA und die Länder der Cairns-Gruppe(5) fechten die gemeinsame Agrarpolitik (CAP) der EU an. Die Cairns-Staaten peilen den Abbau jeglicher Unterstützung der Landwirtschaft an. Sie halten die direkten Hilfen für essentielle Hemmnisse für den Handel, die wesentlich zur Verarmung der Entwicklungsländer beitragen. Sie verteidigen das Prinzip einer totalen Handelsliberalisierung der Agrarprodukte und behaupten, dass die Hilfen der EU für diesen Sektor die Chancengleichheit gegenüber den Agrarproduktion der Nichtmitgliedsländer reduzieren. Die USA wünschen ebenfalls ein Ende der Exportsubventionen und in der Folge die Reduzierung der Agrarhilfen der CAP, um den Zugang ihrer Waren auf die europäischen Märkte zu erleichtern.

Die EU ist nicht gegen eine Reduzierung der Subventionen, lehnt jedoch den vollständigen Versicht auf sie ab. Für sie ist die Landwirtschaft nicht eine Ware wie jede andere. Und in der Tat hat die Landwirtschaft "mehrere Funktionen": Der Verbleib der Bevölkerung in ihrer Gegend, Aufrechterhaltung der Arbeitsplätze, Verantwortung für die Gesundheits- und Ernährungssicherheit, Erhaltung der Umwelt und eben auch der "kulinarischen Vielfalt". Dennoch, trotz einer gemeinsamen Politik gehen die Meinungen innerhalb der EU auseinander. Die liberalen Länder akzeptieren eine Rückfuhr der Unterstützungen, während die südlichen Länder eine Neugewichtung der Unterstützung zugunsten der Mittelmeerländer fordern. Die Staaten des Nordens möchten ebenso die spezifischen Sorgen um den Schutz der Umwelt und den Tierschutz geltend machen. Trotzdem werden sich diese Divergenzen nicht in den bei der WTO geführten Verhandlungen sichtbar machen, die EU verteidigt in einem Block ein europäisches Agrarmodell.

- Dienstleistungen:

Waren im Rahmen der GATT-Verhandlungen die Dienstleistungen noch Frage der vollständigen Öffnung ohne Ausnahme, so sollen diese bei der WTO nur auf Vorschlag angesprochen werden. Dabei ist die Frage, ob die Kompetenz der WTO auf "nicht-kommerzielle" Leistungen (Bildung, Gesundheitswesen, soziale Dienste, etc.) ausgeweitet werden kann, die stark an die nationalen Traditionen gebunden sind. Die Liberalisierung der kulturellen Produkte ist bereits Gegenstand tiefgehender Divergenzen zwischen USA und EU.

Die europäische Union hat sich, während der Verhandlungen von Marrakesch 1994 für den Schutz und die Entwicklung seiner Kapazität ausgesprochen, die Kultur- und Medienpolitik der Mitgliedsländer zu bestimmen und umzusetzen. Die Vereinbarung von Marrakesch, sieht unter dem Titel "Kulturelle Ausnahme" vor, die Gesamtheit der sogenannten kulturellen Produkte nicht unter die Regeln der WTO fallen zu lassen. Einige Staaten waren versucht Internetangebote aus der Domäne der Dienstleistungen auszuschließen, indem sie die Ansicht vertraten es handele sich um "virtuelles Güter" oder immaterielle Waren. Die EU muss die Position verteidigen, dass die Transmissionsart einer Dienstleistung nichts an der Natur selbst derselben verändert und dass diese elektronischen Transaktionen als Dienstleistungen qualifiziert werden müssen. Für die EU, stellt freie Konkurrenz in der Produktion und Distribution der kulturellen Produkte besonders im audiovisuellen Sektor eine Gefahr für die kulturelle Vielfalt dar. Für die USA, ist dieser Einwand nur eine Form von Protektionismus gegenüber ihrer Kulturindustrie.

b) Die erweiterte Agenda
Weitere noch delikatere Themen, die aufgrund des Scheiterns von Seattle hinausgeschoben wurden, müssen in Katar ohne Verzögerung angesprochen werden.

- Die Sozialnormen:

Die soziale Dimension ist eine essenzielle Ausprägung der ökonomischen Globalisierung geworden. Kinderarbeit, Zwangsarbeit, die Nichtrespektierung der Gewerkschaftsrechte, dies sind die Themen, die eine starke Resonanz in der öffentlichen Meinung haben, welche die mächtigen Multinationalen Konzerne dazu drängt "ethische" Verhaltenskodexe in den Entwicklungsländern zu befolgen. Für viele Entwicklungsländer ist jedoch die billige Arbeitskraft die Hauptbasis der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Exportprodukte, weshalb sie die Einbindung der internationalen Arbeitsorganisation IWO, die für die Förderung und Anwendung internationaler Arbeitsnormen zuständig ist, in die Handelsgespräche ablehnen. So muss die WTO nicht nur die moralischen Erwägungen der Sozialklauseln in Erwägung ziehen, sondern auch ihre Auswirkungen auf das Wachstum und die Entwicklung der ärmeren Länder.

Die Verteidiger der Befolgung von Sozialklauseln, vor allem die EU, betonen, dass diese eher die Menschenrechte, als nur die Arbeitsrechte betreffen. Es handelt sich also um die Verteidigung der Menschenwürde angesichts der Ausbeutung. So verpflichten sich die Länder, die Mitglieder der WTO werden wollen, die als universell gesehene Normen und Werte, wie der Schutz der Menschenwürde, zu fördern und zu befolgen. Andere Parteien weisen jedoch der Aufstellung solcher Normen, mit moralischem Hintergrund, den genau gegenteiligen Effekt zu, besonders in Bezug auf die Desozialisation, die Prostitution und der Entwicklung des Elends. Dazu verhindern oft die nationalen Zwänge(ökonomische, historische, kulturelle) die universelle Anwendung dieser Normen.

In Bezug auf den Einfluss der Sozialnormen auf die Entwicklung bekräftigen die betreffenden Länder, dass die Befolgung dieser Normen negative Auswirkungen auf ihr wirtschaftliches Wachstum und ihre Entwicklung habe. Diese Einschätzung wird von den neoklassischen Ökonomen bestätigt, die Ansicht vertreten, dass die Sozial- und Umweltnormen Hindernisse hinsichtlich der freien Konkurrenz und dem normalen Funktionieren des Arbeitsmarktes darstellen und daher Marktstörungen hervorrufen. Man kann jedoch ebenso behaupten, dass die Anwendung der Sozialnormen im Gegenteil geeignet sind, diese Marktstörungen zu beseitigen und die Entwicklung dieser Länder durch eine Verbesserung der Verteilung des Reichtums zu fördern.

Die WTO muss also zwischen den Ansprüchen einer Förderung der Arbeitsrechte und den anderen Entwicklungszwängen dieser Länder vermitteln. Dafür sollen die reichen Länder den Entwicklungsländern einen bevorzugten Marktzugang im Norden ermöglichen und den Technologietransfer, die Entwicklungshilfeprogramme und die Entschuldung auf mittlerer und langer Sicht vorantreiben. Diese Anstrengungen der WTO und der reichen Länder muss durch eine enge Zusammenarbeit mit der IWO, dem IMF und der Weltbank bereichert, um kohärente Aktionen auszuarbeiten, die in ausgeglichener Weise der jeweiligen, teils widersprüchlichen Ansprüche des Handelsaustausches, der wirtschaftlichen Entwicklung und der „nachhaltigen“ und sozialen Entwicklung gerecht wird.

- Die Umwelt:

Das Thema Umwelt bleibt ebenso konfliktreich zwischen dem Norden und dem Süden(6). Die Meinungsunterschiede hinsichtlich der Einsetzung von „Umweltnormen“ sind praktisch genauso groß, wie bei den Sozialnormen. Die Länder des Nordens streiten für die Notwendigkeit Normen im Handel festzusetzen, um eine „nachhaltige“ Entwicklung zu fördern. Die Entwicklungsländer bestehen jedoch auf dem Recht ihre natürlichen Ressourcen zu nutzen, um ihre wirtschaftliche Entwicklung fortzuführen. Sie weisen auf die „historische Schuld“ der reichen Länder hin, die intensiv die Ressourcen ihrer Ex-Kolonien ausgebeutet haben, um auf ihren heutigen Entwicklungsstand zu gelangen.

Die Frage ist jedoch, in welchem Masse die natürlichen Ressourcen, und die Umwelt im Allgemeinen, noch der Hoheit der Einzelstaaten unterliegt. Die Umweltprobleme, wie das Ozonloch oder der Treibhauseffekt, überschreiten die nationalen Grenzen und erfordern globale und multilaterale Lösungen. Dagegen wird das Armutsproblem immer noch in der Verantwortung jedes einzelnen Staates gesehen. Die Antwort darauf liegt jedoch ebenso eher im Suchen nach globalen Lösungen.

Die Suche nach diesen Lösungen wirft neue Fragen bezüglich dem Verlust der nationalen Souveränität auf und hinsichtlich der Fähigkeit der Staaten des Südens ihren Problemen zu begegnen. Aber welcher Staat kann sich noch als souverän bezeichnen, wenn mehr als die Hälfte seiner Bevölkerung marginalisiert lebt? Denn selbst mit unterschiedlichen Graden an Autonomie, sind die Staaten in der Tat nicht mehr völlig Herren ihres Schicksals. Die unterschiedlichen Mondialisierungen steigern die Wechselwirkung zwischen den Einzelstaaten. Juristisch gesehen ist die Frage nach der Erosion der Souveränität schlecht gestellt, denn die WTO verfügt nur über die Macht, die ihnen von den einzelnen Staaten zugewiesen wird. Ihre einzelne Regel ist, dass ein Staat konsequent sein muss: Er muss die Verpflichtungen einhalten, die er ratifiziert hat. Politisch schließlich funktioniert die WTO auf dem Prinzip der Reziprozität: Jeder Staat unterzeichnet Verpflichtungen, da er im Gegenzug von seinen Partnern Vorteile erlangt, die er für vorteilhafter hält, als den Status quo.

Die WTO muss seine Politik auf der Basis von bereits bestehenden Vereinbarungen zur Umwelt formulieren. An die 200 solcher Vereinbarungen sind seit dem Gipfel von Rio (1992) bereits gezeichnet worden, unter anderem das Abkommen von Montreal oder das Kyoto- Protokoll, die in wachsender Weise ökonomische, steuerliche und kommerzielle Instrumente (Steuern, Quoten, Handlesverbote, etc.) einsetzen. Das Problem ist, das diese Regeln oft mit denen des multilateralen Handelssystems interferieren. Ebenso muss die WTO zwischen den internationalen Umweltzielen und den Ansprüchen einer „nachhaltigen“ Entwicklung der Entwicklung vermitteln, und dabei ebenso offene, ausgeglichene und nicht diskriminierende Regeln des multilateralen Handelssystems aufrechterhalten.

- Geistiges Eigentum:

Die Frage nach dem geistigen Eigentum ist ein enorm wichtiges Thema für die USA, die EU und Japan, Staaten, die sich besonders um den Schutz ihrer Erfindungen sorgen, besonders im Bereich der neuen Technologien und den Pharmaprodukten. Sie betrifft aber ebenso die Interessen der Entwicklungsländer, die im großen Ausmaße zum Mittel der Nachmachung und Piraterie greifen, um sich Wettbewerbsvorteile in der Fabrikation und Distribution von bestimmten Produkten zu verschaffen. Diese Nachahmung provoziert bedeutende wirtschaftliche Verluste für die der Struktur nach „Schöpferländer“, während die „Kopiererländer“ dies als neue Chancengleichheit darstellen.

Eines der Argumente zugunsten der Rechtfertigung des geistigen Eigentums ist, dass dadurch die Entwicklung neuer Technologien und Medikamente im Kampf gegen Krankheiten wie Aids garantiert und motiviert werde. Die Vereinbarung von Marrakesch zum geistigen Eigentum (TRIPS), die Regeln auf diesem Gebiet eingeführt hat, bestimmt, dass „die Mitglieder der WTO die Verurteilung und Strafmassnahmen im Falle von Nachahmung von Fabrik- oder Handelsmarken und Piraterie vorsehen“(7). Sie sieht explizit vor, dass die Pharma und Naturheilprodukte in allen Unterzeichnerstaaten geschützt sind. Solche Bestimmungen führen jedoch auch dazu, den Technologietransfer zu bremsen und das Angebot bestimmter höchst notwendiger Produkte wie von Medikamenten zu verknappen.
Auf diesem Gebiet stoßen zwei Positionen aufeinander. Die erste, unterstützt von Brasilien und Indien zielt darauf, mit Blick auf die öffentliche Gesundheit jedes Hindernis für die Verwendung von Medikamenten zu beseitigen. Die zweite Position, unterstützt von den USA, fordert, dass das Patenrecht nur in äußerst kritischen Situation für die öffentliche Gesundheit untergraben werden darf, wie im Falle der Aidsepidemie.

Nichtsdestotrotz, die WTO-Regeln sehen Ausnahmeregelungen für die Anwendung der Vereinbarungen vor, die das geistige Eigentum in den Entwicklungsländern betreffen. Es müsste also in Katar ein das geistige Eigentum betreffender Einklang gefunden werden, um den Entwicklungsländern den Transfer oder den „Kauf zu erschwinglichen Preis“ von Technologien im Bereich Landwirtschaft, Gesundheit und Bildung zu garantieren.

- Aufnahme Chinas in die WTO:

Mit einer Bevölkerung von 1,3 Milliarden Bewohnern ist Chinas der fünfte Exporteur und der sechste Importeur weltweit an verarbeiteten Produkten. Sein Eintritt in die WTO könnte das Kräfteverhältnis deutlich zugunsten der weniger industrialisierten Länder verändern. Für diese Länder kann die Aufnahme Chinas jedoch ebenso eine Gefährdung ihrer Ökonomien bedeuten, wenn man die industriellen Kapazitäten des asiatischen Riesen vor allem in der Textilbranche und der Schuhfabrikation in Betracht zieht.

Je mehr China in den kommenden Jahren seine Zölle senkt und so geschützte Sektoren, wie Banken und Telekommunikation öffnet, desto mehr werden auch die chinesischen Konsumenten Zugang zu einer riesigen Palette von Produkten zu geringeren Kosten haben. Einige Beobachter betonen, das der Einritt Chinas in die WTO als Katalysator für Peking dienen wird, seine überkommenden Industrien zu reformieren, was auf lange Sicht den Zufluss von Kapital und ausländischen Investitionen erlauben würde. China wird jedoch auch internen Protesten gegenüber stehen, die durch die massiven Arbeitsplatzverluste und die Schließung von Unternehmen in den nicht wettbewerbsfähigen Sektoren hervorgerufen werden. Parallel dazu verhandelt China über die Schaffung der größten Freihandelszone der Welt mit Südostasien, Japan und Südkorea. Die wahre Herausforderung für Peking kündigt sich heute demnach genauso politisch und sozial wie wirtschaftlich an.


II - Die Akteure


A) Die Vereinigten Staaten und Europa

Die europäischen Union und die Vereinigten Staaten sind weltweit die beiden wirtschaftlichen Hauptmächte. Ihre transatlantischen Beziehungen repräsentieren einen Handelsaustausch von ungefähr 2.000 Milliarden US-Dollar und Investitionen von etwa 3.000 Milliarden US-Dollar. Selbst wenn niemand ein Interesse an einem Handelkrieg hat, äußert sich eine wirtschaftliche Konfrontation zwischen den USA und EU zur Zeit auf weltweiten Niveau. Wenn auch die große Mehrheit des Austausches an Gütern und Dienstleistungen sich in der Tat ohne Probleme vollzieht, so bleiben bestimmte Sektoren Gegenstand eines permanenten transatlantischen Streits, insbesondere die Agrarproduktion und der audiovisuelle Sektor.

Die Landwirtschaft ist in der Tat eine der Domänen in der sich der ökonomische Disput EU/USA am aggressivsten zeigt. War in den Achtziger Jahren die am meisten debattierte Frage noch die der öffentlichen Hilfen für die Produktion und Export landwirtschaftlicher Produkte, so schein die Kontroverse heute in Richtung Ernährungssicherheit gewendet, besonders hinsichtlich Hormonen in der Rindfleischproduktion, und genetisch veränderter Lebensmittel (GMO). Der audiovisuelle Bereich ist ebenfalls seit mehreren Jahren, Thema der laufenden Debatte der beiden Wirtschaftsmächte. Während die Vereinigten Staaten mächtige Exporteure in diesem Sektor sind und ihr Binnenmarkt weitgehend geschlossen bleibt, hat Europa hier ein signifikantes Handelsdefizit zu verbuchen, welches 1998 5,8 Milliarden Euros erreichte. Aber die Medienindustrie repräsentiert nicht nur ein wirtschaftliches Problem, wie man seit 1994 mit der Debatte über die „kulturelle Ausnahme“ feststellen kann (siehe oben).

Der Konflikt zwischen den USA und der EU geht in der Tat über Handelsfragen hinaus. Er repräsentiert zwei Gesellschaftsmodelle, das eine angelsächsischen Ursprungs, nach Liberalismus und Individualismus gewandte und das europäisch-kontinentale Modell, welches größere Betonung auf die Regulierung und Kooperation setzt. Dieser historische und kulturelle Gegensatz erklärt die unterschiedlichen Herangehensweisen der USA und der EU angesichts der internationalen Kooperation, der Regulierung, der Liberalisierung und des Ausmaßes der den Vereinbarungen zu eigen ist. Deshalb zeigten sich die USA Ende der Vierziger Jahre auch sehr zögerlich, überhaupt Vereinbarungen in Aussicht auf eine „Internationale Handelsorganisation“ zu unterzeichnen. Dieses Zögern erklärt sich aus der Tatsache, dass sie nicht auf eine Handelsordnung verzichten wollten, die von ihnen selbst eingesetzt worden war und die am ehesten ihren Interessen diente. Historisch haben die USA stets den Unilateralismus und Bilateralismus dem Multilateralismus vorgezogen, welcher der Ausübung ihrer Hegemonie weniger günstig war. So haben sie andere Staaten gedrängt, bilaterale Abkommen zu unterzeichnen (wie mit China und mit Japan) oder regionale Verträge zu stärken wie die NAFTA oder die Freihandelszone Amerika (FTAA). Die USA bevorzugen unterstützt durch die Cairns-Staaten eine reduzierte auf bestimmte Sektore wie Landwirtschaft, Dienstleistungen und industrielle Besteuerung, begrenzte Verhandlungsrunde.

Im Gegenzug vertritt die EU den Multilateralismus und die Eröffnung einer breit gefächerten Verhandlungsrunde, die alle Dimensionen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen berücksichtigt: Handel und Finanzen, aber auch Soziales, Umwelt und Kultur. Der europäische Ansatz erklärt sich durch die Tatsache, dass die EU selbst eine multinationale Konstruktion ist, die die wirtschaftlichen, politischen, kulturellen Interessen der historisch verschiedenen Länder verbindet.

Vor diesem Hintergrund führt eine der großen erwarteten Debatten anlässlich der Ministerkonferenz in Katar zur der Entscheidung zwischen Multilateralismus und Regionalismus, zwischen Liberalisierungs- und Regulierungsmaßnahmen, und zwischen einem weiten oder engen Anwendungsfeld.

B) Die Entwicklungsländer

Der Hauptgegenstand der Kontroverse ist, ob die durch die Regeln der WTO kontrollierte Liberalisierung des Warenaustausches den wirtschaftlichen Wachstums- und Entwicklungsprozess wirklich fördert. Ihr wirtschaftliches Gewicht berücksichtigend, sind sie am meisten an einer Beachtung der internationalen Normen der Handelskontrolle interessiert. Dennoch sehen sie ihre Interessen in dem aktuellen multilateralen System nicht genügend berücksichtigt, welches faktisch oft in Vereinbarungen kommt, die zu ihrem Nachteil sind. Unter anderem fordern sie: 1. die Beseitigung der Anti-Dumping-Hürden, besonders im Textil- und Kleidungssektor; 2. die reelle Anwendung der „speziellen und differenzierten Behandlung“, die darauf abzielen, die allgemeinen Normen in den Kontext der benachteiligten Situation eines bestimmten Landes zu setzen; und 3. eine weitergehende Hilfe in der Form von Technologietransfer und ausländischen Investitionen in absehbarer Zeit nach den Vereinbarungen. Die Entwicklungsländer gehen generell davon aus, dass die Reichen Länder sich unter dem Vorbehalt von Sozial- und Umweltnormen zu schützen suchen. Sie bekräftigen, dass die entwickelten Länder das niedrige Niveau der Löhne und der sozialen Absicherung, welches in den Entwicklungsländern herrscht als „soziales Dumping“ bezeichnen - mit dem einzigen Ziel, nämlich die Exporthegemonie des Nordens zu bewahren und zu stärken. Dies ist der Hauptgrund, weshalb die Entwicklungsländer die Einbeziehung der Internationalen Arbeitsorganisation (IWO, die auf weltweiter Ebene die Arbeitsbedingungen regelt) in die Handelsgespräche der WTO ablehnen.

C) Die öffentliche Meinung und die Nichtregierungsorganisationen (NGO)

Der Ausdruck Nichtregierungsorganisation (NGO)(8) hat eine so weite Bedeutung, dass er nicht nur die großen humanitären Vereinigungen (im Allgemeinem auf der Grundlage von Freiwilligenarbeit und nicht-kommerziellen Zielen) einschließt, sondern auch die Gewerkschaften und die großen Vereinigungen, sprich Unternehmen. So zählte die amerikanische Regierung unter der Rubrik „NGO“ die Confédération Paysanne Française, Microsoft und Coca Cola.

Seit 1995 haben die NGOs in der WTO als ihr Hauptangriffsziel entdeckt, insbesondere aufgrund der Beziehungen zwischen Handel und Umweltpolitik. Der Front der NGOs und der Gewerkschaften, im Dezember 1999 in Seattle versammelt, schlossen sich Nationalisten und Umweltschützer an, die gegen die ökonomische Globalisierung, den Freihandel und die Multinationalen Konzerne opponierten.

Diese breite Bewegung artikulierte die Forderungen einer öffentlichen Meinung, die dank neuer Informationstechnologien (IT) einen besseren Zugang zu den die Verhandlungen betreffenden Informationen gewonnen hatte. So ist die WTO gezwungen, die Transparenz ihrer eigenen Verhandlungen zu verbessern, um sie verständlicher der Zivilgesellschaft zu vermitteln, die ihren intergouvernmentalen Charakter behält. Die Verhandlungen sollen den interessierten Bürgern zugänglich gemacht werden, aber zu gleichen Zeit unter ausschließlichen Kompetenz der Staaten bleiben, um die Anhäufung von Sonderinteressen und den Sieg von Privatinteressen zu verhindern.

III. Die Perspektiven


Mögliche Szenarios

Die Vereinigten Staaten versuchen mit allen Mitteln ihre Ende des zweiten Weltkrieges errungene Hegemonie zu erhalten und setzen die Entwicklung von bilateralen und unilateralen Praktiken trotz des Verbots der WTO fort. Die Europäische Gemeinschaft fordert mit seinem wirtschaftlichen Gewicht und der Schaffung des Euros die amerikanische Vorherrschaft heraus. Können sie sich nicht auf dauerhafte Vereinbarungen über die wichtigsten Themen einigen, riskieren sie eine dauerhafte Konfrontation.
Ein Scheitern in Dauha würde den völligen Verlust an Legitimation der WTO als Institution bedeuten, die der wirtschaftlichen Globalisierung in all ihren Dimensionen eine Steuerung geben sollte, sowie des Multilateralismus als System der internationalen Kooperation. Das ist der Grund, warum Pascal Lamy, europäischer Kommissar für den Handel, bekräftigt, dass ein solches Szenario bedeuten würde, dass das multilaterale System nicht mehr in der Lage ist, ein Gleichgewicht zwischen Liberalisierung und Regulierung zu sichern.

Im anderen Falle könnte die Welt ihren Multilateralismus aber auch stärken, etwa durch die Intervention von anderen als den großen Wirtschaftsmächten (USA und EU), bspw. Japan, China und den großen aufstrebenden Ländern wie Indien, Brasilien oder Australien und noch allgemeiner der Gesamtheit der Entwicklungsländer, und in Kürze Russlands und Saudi Arabiens. Der gegebene Kontext sollte in der Tat zu einer Stärkung des Multilateralismus führen, während die Entwicklung der Länder des Südens ermöglicht wird, nach ihren eigenen Modellen und Rhythmen.

Dennoch , eine politische und wirtschaftliche Einigung dieser 142 Länder mit so unterschiedlichen Entwicklungsniveaus, Interessen, Werten und Präferenzen, kann sich nur auf einen großen Kompromiss gründen, der genauso die Handelsnormen, wie auch die nichtkommerziellen Interessen, wie die Umwelt, die Sozialnormen und die öffentliche Gesundheit betreffen.


Anhang

Der Welthandel: einige Links
- Statistiken, Grafiken: WTO-Statistiken
- über die WTO: www.finaces.gouv.fr(französisch)

Fussnoten:
(1) Die Aussetzung der Verhandlungen in Seattle, was als Scheitern gewertet wurde, kann auf zwei Weisen erklärt werden. Nach der ersten Version resultierte das Scheitern aus den gegensätzlichen Standpunkten zwischen den Staaten. Die nichtkommerziellen Fragen, wie die Sozial- und Umweltnormen, wurden von den Entwicklungsländern, wie Indien, Pakistan und Indonesien als Vorwände der entwickelten Länder gesehen, um die alten protektionistischen Praktiken zu verschleiern. Darüber hinaus rechtfertigten die EU, Japan, Korea, Norwegen und die Schweiz ihre mächtigen Handelsschranken mit den Argument der Multifunktionalität der Landwirtschaft, die über den Handel weit hinausreichten. Viele Entwicklungsländer fühlten sich aus dem Prozess der Entscheidungsfällung ausgeschlossen, vor allem wegen der „green rooms“, kleine Komitees, in denen die eigentliche Macht ausgeübt wurde. Die zweite Erklärung unterstreicht den Sieg der NGOs, die von einer bedeutenden Popularität während der Vorbereitungen der Konferenz profitierten. Am Ende wird wohl die Kombination dieser beiden Thesen das Scheitern erklären.
(2) Höchste Instanz der WTO. Sie versammelt wenigstens alle zwei Jahre die Minister der Mitgliedsstaaten. Die Präsidentschaft ist prinzipiell dem Minister des Gastgeberlandes anvertraut, wenn die Konferenz außerhalb von Genf tagt.
(3) Aber die Hälfte der Menschheit ist nach wie vor nicht in der WTO vertreten, insbesondere durch die Abwesenheit Chinas (das in Katar Mitglied werden soll) und Russland
(4) Aus Experten gebildet leitet die DSU Beschwerden ein, kann einem Land Recht oder Unrecht geben, einen Wandel in der Handelspolitik einfordern und einen Staat autorisieren, Sanktionen gegen einen anderen zu verhängen.
(5) 1986 auf Initiative von Australien geschaffen, versammelt die Cairns-Gruppe die Exporteure von Agrarprodukten: Südafrika, Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Fidschi, Indonesien, Malaysia, Neu Seeland, Paraguay, die Philippinen, Thailand, Uruguay.
(6) In den Vorverhandlungen in Genf 2001 sind die Themen Umwelt und Landwirtschaft angestoßen worden. Die Europäische Union, die Schweiz, Norwegen und Japan halten die Umwelt für ein „Hauptproblem“, das in jedem Falle in Dauha berücksichtigt werden müsse. Dem wird jedoch von Ländern wie Indien, Indonesien, Pakistan, Malaysia und Tansania widersprochen, die betonen, das sie dringendere Probleme haben.
(7) Artikel 61 von ADPIC
(8) Siehe Artikel ONG des „Dictionnaire critique de „la mondialisation““ der GERM.




Pays : 
- Qatar   

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