Ref. :  000001832
Date :  2001-09-13
langue :  Allemand
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Mittelmeer

Mittelmeer

Source :  Michele Brondino


Wie auch alle anderen Regionen dieser Welt, ist das Mittelmeer in den Angstgefühlen vor der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Globalisierung gefangen. Diese wurde als eine Chance für die Entwicklung präsentiert, jedoch bringt sein internationaler Verkehr die wirtschaftlichen und sozialen Gleichgewichte ins Wanken, was die Ratlosigkeit der politischen und sozialen Institutionen gegenüber den Ungleichheiten deutlich hervortreten läßt, die Staaten in eine kritische Situation versetzt, die alten und neuen Brüche verstärkt und die Kluft zwischen den verschiedenen Lebensstandards zwischen Nord und Süd hervorhebt, während die Homologation der mediterranen Kulturen durch die herrschenden Kulturen verstärkt wird.

Seit jeher präsentiert sich das Mittelmeer unter zwei antagonistischen Gesichtern, abwechselnd begeistert, je nach den Notwendigkeiten oder den epistemologischen Annäherungen: das einheitliche Gesicht, jenes der Wiege der Zivilisation, und das konfliktgeladene Gesicht, mehr lebendig als Ort uralter Spannungen.

Von Strategen als „konfliktbeladene Struktur“ definiert, ist dieses Becken eines der neuralgischsten Zonen der Welt, in dem sich vielfältige Beziehungen verflechten. Auf der geographischen Ebene ist es das Bindeglied zwischen drei Kontinenten – Europa, Afrika und Asien. Auf wirtschaftlicher Ebene konzentrieren sich hier Rohstoffe, wissenschaftliches und technologisches Potential und groβer Handel. Auf politischer Ebene, je nach Vorstellung politischer Systeme und sehr unterschiedlicher politischer Allianzen, herrscht die globale Politik des großen internationalen Kapitals und, infolge des Verschwindens des Gleichgewichts der zwei Großmächte, die amerikanische Hegemonie. Auf sozial-kultureller Ebene ist das Mittelmeer ein Amalgam von Gesellschaften und Kulturen mit einem enormen demographischen Gewicht.

Mit der Umstrukturierung der NATO-Kräfte wurde das Mittelmeer die „neue Grenze“ zwischen der entwickelten Welt und der sich entwickelnden Welt. Eine Grenze, die einerseits die Antinomie eines Bereichs des Globus hervortreten läßt, wo das wichtigste Ungleichgewicht das zwischen Humankapital und Ressourcen ist und andererseits die Komplementarität der beiden Ufer zwischen denen ein gewaltiges historisches Band und jahrhundertlanger Austausch existiert.

Dieses Ensemble zwischen Antinomie und Komplementarität wird von unzähligen Interaktionen beherrscht, die aus dem Mittelmeer ein Ökosystem macht, das sich seine Einheit in der Vielfalt (1) bewußt gemacht hat und sein Risiko, dass es unter dem Druck der Globalisierung in die Antinomie abkippen kann. Es ist die Idee der Zugehörigkeit zu diesem Ensemble, die es dem Mittelmeer erlaubt, sich in einem interessanten Widerstandsprozeß zu engagieren: seine Kräfte messen und seine kulturelle Identität überdenken.

Aus dieser Perspektive heraus fördern die Länder um das Mittelmeer seit den achtziger Jahren die Idee einer „mehrheitlichen mediterranen Identität“, ein „Sein in der mediterranen Welt“ (2). Die „pensée méridienne“, „das mediterrane Denken“, unterstreicht, „dass man dem Mittelmeer die einstige Würde seines Sinnes zurückgeben muß und mit einem von anderen erstellten mediterranen Sinn brechen muß (...). Ein Mediterraner, der mediterran denkt, das allein führt zurück zu einer verstärkten Autonomie angesichts der Globalisierung“(3). Das reduzierte Bild des Mittelmeers als ein „Objekt“, anonym und vom globalen Imperium der New Economy geteilt, ließ verschiedene Netzwerke der Zivilgesellschaft in der Region reagieren, die sich transnationale Aktionen zur Aufgabe gemacht haben, und damit einen autonomen Raum für Dialoge und Austausche eröffnet haben (4). Intellektuelle, Künstler, Politiker, Stiftungen, kulturelle Vereinigungen, Nichtregierungsorganisationen, etc. förderten Programme mediterraner Kooperation in allen Bereichen, jenseits der offiziellen Bemühungen der «erneuerten mediterranen Politik» wie das Projekt der Kooperation im westlichen Mittelmeer (5+5) und der italienisch-spanische Vorschlag einer Konferenz zur Sicherheit und Kooperation im Mittelmeer (CSCM), auf dem Modell der CSCE basierend, die nie realisiert wurden.

Die europäische Union und besonders seine mediterranen Mitglieder haben sich den (Spiel-)Einsatz bewußt gemacht und haben die Debatte auf der Konferenz von Barcelona (1995) in Anwesendheit der Auβenminister von 27 Länder (15 aus der EU + 12 mediterrane Länder, ohne Libyen) eröffnet. Man muss betonen, dass zum ersten Mal ein Zivilforum – bestehend aus einem Ensemble der mediterranen Zivilgesellschaft - der Konferenz der politischen Repräsentanten vorangegangen ist. Die Abschlußerklärung formulierte das Projekt einer euro-mediterranen Partnerschaft, die einen Wendepunkt in den Beziehungen dieser Region markierte: Es war ein Bewußtseinsprozeß über die Schwere der Probleme im Mittelmeer und der Beginn neuer Modelle globaler und sozialer Kooperation, die, jenseits der Gründung einer Freihandelszone für das Jahr 2010 und politischer Aktionen (Schutz gegen internationalen Terrorismus und religiösen Fundamentalismus), offiziell und zum ersten Mal soziale, kulturelle und humanitäre Wertsysteme einschloß.

Folglich erkannte man, dass, um «eine Zone des geteilten Wohlstands zu gründen» die Beziehungen des Mittelmeers nicht nur die Angelegenheiten der Staaten, sondern auch die Aufgaben der Zivilgesellschaft sein müssen. Die Deklaration von Barcelona führte zu positiven Resultaten und dazu, dass der Geist der Partnerschaftsinitiative schon im Prozeß ist. Auβerdem hat sie viel Hoffnung hervorgerufen, um der wirtschaftlichen und technologischen Globalisierung gegenüber zu treten, die in Mittelmeer durch die Konflikte im Nahen Orient, in Maghreb und in den Balkanstaaten verkompliziert wird.

Die drei folgenden euro-mediterranen Konferenzen haben nur teilweise die großen Perspektiven und Erwartungen des Euromed Partnerprogramms angesprochen. Das Fazit der Minister zu der Partnerschaft, welches in Marseille (2000) verkündet wurde, ist «differenziert», wohingegen die Abschlußerklärung der Nichtregierungsorganisationen des Zivilforums Euromed feststellten, dass «der Prozeß in Barcelona defekt ist» und dass «die Handelslogik» anhält, «die Konzentration des Wohlstands voranzutreiben und die Mittel und die Finanzierung lokaler Initiativen zu reduzieren zum Profit der Investitionen einer globalisierten Wirtschaft, die die lokalen Akteure enteignet statt sich an der Entwicklung einer größeren Menge zu beteiligen.

Angesicht der Projekte zur Freihandelszone und der Sicherheit der Staaten, die sich sehr schnell behaupten konnten und dies zum Nachteil kultureller, sozialer und humanitärer Projekte (vorwiegend des zirkulären Austausches von Personen, Staatsbürgerschaften, und des wissenschaftlichen und technologischen Austausches), stellt die Lokalisierung und Wertsteigerung der natürlichen und historischen Identitäten des Mittelmeers eine alternative Strategie dar. Unterstützt durch Organisationen von Bürgergemeinschaften konzentriert sich diese Alternative auf die Eigenständigkeit des lokalen Wissens, verbündet mit der post-industriellen Wirtschaft: es handelt sich um den Schutz und die Exploration der umweltrechtlichen und humanen Ressourcen, das Weitergeben des lokalen Know-hows an Systeme von lokalisierter Produktion, vermittelt von technischen und/oder kulturellen Innovationen und der Transfer dieses Know-hows an weitere produktive Kanäle (z. B. Meda, Interreg, Heritage Projekte, die die Weinproduktion, den Olivenwachstum und die Textilindustrie etc. re-dynamisiert haben). Dieses Entwicklungsmodell macht aus dem kulturellen Erbe der verschiedenen mediterranen Gesellschaften ein wahres Labor zur Erforschung und schafft gleichzeitig einen gemeinsamen Raum, den eine Vielzahl von institutionellen und nicht-institutionellen Akteuren teilen. Es könnte ein Beispiel der „Glokalisierung“ für andere Regionen der Welt bilden, die, wie das Mittelmeer, den Unterschied als eine Chance ansehen und nicht als ein Problem.



1. F. Braudel hat die Einheit der mediterranen Zivilisation in seiner Vielfalt unterstützt.
2. Th. Fabre « Naissance de la Méditerranée » in Esprit, Oktober 1992
3. Fr. Cassano, Il pensiero meridiano, Bari, 1996, S. 6
4. Wir machen darauf aufmerksam, dass die Stiftung R. Seydoux für die mediterrane Welt ein Répertoire Méditerranéen (letzte Edition 1999) publiziert hat, dass die einzige erhältliche Liste der Zentren und Organismen, die im mediterranen Bereich arbeiten, anbietet.


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