Am 29. November 2002 findet in Neu Delhi das 4. Gipfeltreffen zwischen der EU und Indien statt, auf dem der Stand der bilateralen Beziehungen geprüft und Wege für deren weitere Festigung aufgezeigt werden sollen. An diesem Treffen teilnehmen werden Indiens Premierminister Atal Bihari Vajpayee, sein Außenminister, Yashwant Sinha, sowie deren Amtskollegen auf EU-Ebene: der italienische Premierminister Silvio Berlusconi, der derzeit den Vorsitz im Europäischen Rat führt, der Hohe Vertreter für die GASP, Javier Solana, der Präsident der Europäischen Kommission, Romano Prodi, und der für Außenbeziehungen zuständige EU-Kommissar, Chris Patten. Kommissar Patten wird bereits am 27. November nach Indien reisen und im Rahmen seines Besuchsprogramms in Chennai (Madras) und New Delhi mit zahlreichen hohen Regierungsvertretern zusammenkommen.
Auf dem 4. EU-India-Gipfel soll geprüft werden, in welchen politischen und wirtschaftlichen Bereichen die Zusammenarbeit zwischen der EU und Indien verstärkt werden kann. Darüber hinaus bietet er zwei wichtigen internationalen Akteuren mit einem gemeinsamen Bekenntnis zu Demokratie und Multilateralismus die Gelegenheit zum Meinungsaustausch über globale Entwicklungen. Außerdem erwartet man von dem Gipfel den Abschluss eines Kooperationsabkommens für das Zollwesen, Diskussionen über die mögliche Teilnahme Indiens am Galileo-Projekt sowie die Aufnahme von Verhandlungen über ein Seeverkehrsabkommen.
Kooperationsabkommen für das Zollwesen
Die EU und Indien sind an einer weiteren Vertiefung der Zusammenarbeit ihrer Zollverwaltungen interessiert. Das Abkommen soll zur Entwicklung wirksamerer und überschaubarerer Zollverfahren beitragen. Darüber hinaus soll es eine Grundlage für Informationsaustausch und Amtshilfe bei der Bekämpfung von Betrug und Unregelmäßigkeiten im Zollbereich schaffen.
Galileo
Galileo ist das erste satellitengestützte Ortungs- und Navigationssystem für zivile Zwecke. Es wurde gemeinsam von der EU und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) entwickelt und soll 2008 in Betrieb genommen werden. Auch Drittländer können sich daran beteiligen, und Indien hat ein großes Interesse daran geäußert.
Seeverkehrsabkommen
Ziel des vorgeschlagenen Seeverkehrsabkommens ist eine Verbesserung der Bedingungen für die Beförderungen auf dem Seeweg zwischen Indien und der EU, die durch eine Verkürzung der Beförderungszeiten und Senkung der entsprechenden Kosten, mehr Effizienz im Transportsektor und insgesamt mehr Stabilität für die Wirtschaftsbeteiligten der Wirtschaft und dem Handel zugute kommen soll.
Damit würden bereits bestehenden Handelspraktiken in einem rechtsverbindlichen Text konsolidiert.
Diesem Gipfel wird am 28./29. November der vierte Wirtschaftsgipfel zwischen der EU und Indien in Delhi vorausgehen. Präsident Prodi wird am 29. November auf der Abschlussveranstaltung sprechen, während Kommissar Patten am 28. November an der Eröffnungssitzung teilnehmen wird.
Im Vorfeld des Gipfels finden in Neu Delhi und in fünf weiteren indischen Städten im Rahmen der „EU-Kulturwochen 2003“ verschiedene kulturelle Veranstaltungen statt.
Während seines Besuchs wird Präsident Prodi vor dem indischen Industrie- und Handelskammerverband (FICCI) sowie vor der Jawaharlal Nehru Universität sprechen.
Auf seiner dreitägigen Indienreise wird Kommissar Patten in Chennai mit dem Gouverneur von Tamil Nadu, Ramamohan Rao, und der Ministerpräsidentin von Tamil Nadu, Jayalalithaa, zusammentreffen. Außerdem wird er eine öffentliche Vorlesung an der Madras Universität in Chennai halten. Bei seinem Aufenthalt in Neu Delhi stehen Treffen mit hohen Regierungsvertretern, einschließlich dem stellvertretenden Ministerpräsidenten, L. K. Advani, Außenminister Yashwant Sinha, Finanzminister Jaswant Singh, und dem nationalen Sicherheitsberater, Brajesh Mishra auf dem Programm.
Hintergrund
Die EU ist Indiens wichtigster Handelspartner und größter ausländischer Investor. 2002 entfielen auf die EU 23,2 % der indischen Exporte und 21,2% aller Importe. Das Handelsvolumen zwischen Indien und der EU ist in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gewachsen und hat sich in dieser Zeit auf fast 27 Milliarden € verdreifacht.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten leisten den größten bilateralen Beitrag zu den Entwicklungsprogrammen Indiens. Seit 1976 hat die Europäische Kommission 2 Milliarden € an Entwicklungshilfe für Indien bereitgestellt und wird in den nächsten 5 Jahren weitere 225 Mio. € für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Indien aufbringen. Dazu kommen die nicht unerheblichen Summen, die sie vor allem im Rahmen der humanitären Hilfe bei Dürre- oder Flutkatastrophen bereitgestellt hat.
Die Beziehungen zwischen der EU und Indien stützen sich auf ein Kooperationsabkommen vom Dezember 1993 und einen politischen Dialog, der sowohl auf Minister- als auch auf Beamtenebene geführt wird.
Enge Kontakte werden auch über die regelmäßigen Wirtschaftsgipfel zwischen indischen und europäischen Wirtschaftsführern, die Rundtisch-Gespräche zwischen führenden Vertretern der indischen und der europäischen Zivilgesellschaft und über die Zusammenarbeit an gemeinsamen Forschungsprojekten zwischen indischen und europäischen Wissenschaftlern gepflegt.